Date: Tue, 11 Jan 2011 07:45:12 +0100 From: Jens van Nimwegen Subject: 'Selbstverschweinung #12'{Jens van Nimwegen}( MM bd exhib ws )[12!20] Winter Ratte ist jetzt meistens unterwegs. Porco studiert fleißig und dreht seine Filme. Ein oder zwei sind schon fertig und verkaufen sich gut. Wie Dr. Brauksiepe sofort erkannt hatte, sieht Porco nicht nur bildschön, sondern auch ungeheuer geil aus und spielt gut. Hinzu kommt, dass er äußerst sympathisch wirkt. Und man sieht, dass er die versautesten Sachen nicht macht, weil er schauspielert und davon lebt, sondern, weil er sie wirklich aus innerem Antrieb gern und völlig natürlich macht. Dabei verschießt Dr. Brauksiepe sein Pulver nicht schneller als nötig. Porco ist zum Beispiel noch immer nicht tätowiert, und seinen schwarzen Pelz hat auch noch niemand gesehen. Das kommt noch. Jeder Film soll eine nur geringe Steigerung des vorigen sein. Ich gehe mit Rotz und Drexau viel raus in die Natur. Porco kommt gern mit, wenn er Zeit hat. Wenn wir uns irgendwo treffen, stellt sich Rotz zur Begrüßung breitbeinig vor ihn hin und sperrt sein Maul auf. Porco fasst ihm zwischen die Beine und spuckt ihm tief ins Maul. Nach und nach gewöhnen sich auch andere daran, Rotz so zu begrüßen. Er hat das gern. Einmal ist Ratte in Berlin, Rotz schläft bei ihm im Grunewald, und am Morgen treffen wir uns zu einem Spaziergang am See. Als Ratte sieht, wie wir Rotz begrüßen, greift er mir in den Schritt und sagt: "Maul auf!". Geil! Ich schlucke den Klumpen von Ratte aber nicht runter, sondern gebe ihn mit einem Kuss weiter an Rotz. Der schluckt nicht, sondern sagt zu Drexau: "Polier die Stiefel von meinem Kerl!" Drexau leckt den Klumpen von Rotz' Zunge, geht in die Knie und macht sich ans Werk. Wir gehören eben zusammen und verstehen einander schnell. Der Winter wird nun eisig und windig. Eine Lederjacke als einziges Kleidungsstück auf dem Oberleib reicht nicht mehr. Unterkühlung würde die Geilheit drosseln; das wollen wir nicht. Also müssen dicke, schwarze Sweatshirts mit Kapuze her, die man unter der Lederjacke tragen kann. Unser Trainer hat sie ausgesucht und mit reflektierender gelber Farbe bedrucken lassen. Auf dem Rücken steht ganz groß eine Art Logo: die Buchstaben pig so, dass die Rundungen vom p und g zusammen mit dem i nichts an Deutlichkeit zu wünschen lassen. Das Gleiche steht kleiner links auf der Brust. Auf der anderen Seite steht von unten nach oben, am Reißverschluss entlang: Man kann das nicht in der Öffentlichkeit zeigen, ohne Anstoß zu erregen. Der Trainer hat sich dabei natürlich was gedacht. Wenn uns zu warm ist und wir unsere Lederjacken öffnen wollen, können wir das nur verbergen, indem wir auch das Sweatshirt öffnen und unseren nackten Leib zeigen. Oder wir ziehen Jacke und Shirt gleichzeitig aus und die Jacke wieder an. Zur Erinnerung steht in der Innenseite groß: "SCHWEINE MÜSSEN NACKT SEIN." Das stimmt ja auch, und es ist gut, dass wir das nie vergessen können. Wir gewöhnen uns daran, dass wir beim Betreten und verlassen von Kneipen kurz mit nacktem Oberkörper dastehen müssen, wenn wir nicht schwitzen wollen. Es ist schön, ein Schwein zu sein. Außerdem bekommen wir Stulpenhandschuhe aus Leder. Auf den Stulpen steht beim rechten Puls deutlich: "HAND JOB" Wenn man jemandem die Hand gibt oder an die Eier fasst, kann der es lesen. Drexau hat seine Overalls und braucht kein Sweatshirt. Wir stapfen gern lange durch den Schnee, fassen uns immer wieder gegenseitig an die Eier, kehren ab und zu irgendwo ein und fallen am Abend zu Hause übereinander her. Einmal treffen wir in der Rüdersdorfer Straßenbahn wieder unsere zwei Bauarbeiter. Sie erinnern sich noch gut an den Herbsttag und bestaunen und kommentieren hemmungslos Drexaus Kluft. Ich warne sie, dass wir Drexau so abgerichtet haben, dass er jedem an die Hose gehen will, egal wo und wie. Der eine schaut sich ängstlich um. Der andere erklärt mir stolz, dass er inzwischen keine Unterhosen mehr besitzt und seither den sinnreichen Schnitt seiner Zimmermannshosen zu schätzen weiß. Rotz und ich stellen uns so hin, dass die paar anderen Passagiere nichts sehen können, und Drexau macht sich über die Reißverschlüsse und den Inhalt her. Rotz öffnet seine Lederjacke und zeigt dem anderen das "Wat haste den da stehen?" Er versucht es abzulesen, spricht es aber falsch aus und versteht es wirklich nicht. Brandenburg eben. Porco kniet sich vor Ratte hin: "Mach mal vor!" Da hält die Bahn, und eine Mutter mit Kinderwagen will rein. Während ich ihr helfe, wird alles andere schnell abgebrochen. Schade! Immerhin können wir uns noch an einer schönen Beule in der Zimmermannshose erfreuen. Rotz lädt die beiden ein, doch zu uns mitzukommen. Der eine traut sich aber nicht. Wir geben ihnen unsere Adresse, und ich verspreche, dass sie bei uns krasse Dinge sehen und auch erleben können, aber dass wir nichts mit ihnen machen werden, was sie nicht selbst wollen. Ehrenwort. Sie dürfen gern auf ein Bier kommen und nur zuschauen. Der andere sagt: "Mensch, det machen w'r." Ich sage, sie dürfen jederzeit einfach kommen, auch zum Beispiel nachts, wenn sie mal wieder in Berlin auf einer Fete waren und keine Straßenbahn mehr fährt. Schlafplätze hätten wir genug. Live Porco kommt ins Fernsehen. Noch nichts Großes, aber immerhin eine Talkshow zur Hauptsendezeit: "Weegmann". Dr. phil. Weegmann ist um die vierzig Jahre alt und strebt nach einem Vertrag mit RTL. Ob er wirklich so heißt, oder sich von Namen wie Beckmann, Friedman oder Saubermann Erfolg verspricht, ist fraglich. Bisher ist er jedenfalls nicht weiter gekommen als zu einem kleinen Stadtsender, dessen unzensierte Livesendungen beliebt sind. Viele Berliner bewundern Weegmann, weil er immer alles unter Kontrolle hat, dicht am Thema bleibt, Abschweifungen gnadenlos unterbricht und den verschlossenensten Gästen alles entlockt, was er gerne hören will. Anderen geht er auf die Nerven mit seiner Selbstgefälligkeit. Porco ist er egal; Fernsehen hat ihn noch nie interessiert. Diesen Sommer ist der erste seiner drei wöchentlichen Gäste jeweils ein Student mit irgendeiner Besonderheit, zum Beispiel mit einem einem gefährlichen Hobby, einer Flüchtlingsfamilie in der Studentenbude oder einer seltenen Behinderung. Die Redaktion ist durch ein Interview in der Siegessäule auf Porco aufmerksam geworden, den spanischen Studenten mit Punkfrisur und Nasenring, der Geld als Pornoschauspieler verdient. Dr. Brauksiepe findet natürlich, dass Porco die Einladung annehmen soll, und bestimmt die Kleiderfrage. Wir schauen uns die Sendung im Loch an. Porco trägt eine lockere, weiße, durchscheinende Baumwollhose und ein Kapuzenhemd aus weißer Baumwolle, das vorne sehr weit und tief ausgeschnitten ist. Die Brustwarzen sind gerade noch bedeckt. So viel Haut hat wohl noch kein Mann in dieser Sendung gezeigt. Und diese Haut, immer noch haarlos, glänzt im Scheinwerferlicht. Die wärmende Kapuze hinten und die nackte Brust vorne, die sich nicht verbergen lässt, bilden einen anregenden Kontrast. Porco ist barfuß und schlägt im Sessel lässig seinen rechten Unterschenkel über sein linkes Knie. Weegmann stellt ihn vor: erst diesen Sommer aus Spanien nach Berlin gekommen, um hier sein Studium zu vollenden und dann zu promovieren; hat schnell Deutsch gelernt; hat eine Wohnung in Charlottenburg, hält sich aber auch gern bei Freunden in Kreuzberg auf, in einem alten Hinterhof. Er bringt Porco zum Reden mit seinen typischen herablassenden Fragen: wie ihm als Südländer denn Berlin gefalle, welche Unterschiede zu Spanien es gebe, wie er das Klima an der Universität erfahre. Ja, und ob das spanische Garderobe sei, die Porco da trage; hier in Berlin sähe man solche luftige Bekleidung doch eher selten, sicher im Winter. Porco erklärt mit seinem charmanten Akzent, dass er nie mehr Kleidungsstücke als unbedingt nötig trage und es schade finde, dass nicht mehr Männer das tun. Männerkörper seien doch sehr schön anzusehen, und sie sollten nicht nur das Auge erfreuen, sondern auch zur Berührung einladen. Dabei greift er sich in den Ausschnitt und reibt seine Brustwarze. Eigentlich, sagt er, würde er hier unter den heißen Lampen am liebsten ganz ohne Hemd sitzen, sein Körper sei doch wohl gut genug, aber die Regie habe das nicht zugelassen. Vielleicht, weil das Publikum den Anblick von Ringen nicht gewohnt wäre? Glücklicherweise gebe es in er Rankestraße solch luftige Hemden. Ist ja vielleicht auch besser für den Sender, denn er habe sich nicht mit Puder schminken lassen, sondern selbst mit Kokosöl zum Glänzen gebracht, und er wolle den Sessel nicht mit Öl beflecken. Wie dem auch sei, setzt er fort, es sollten sich doch mehr Berliner Männer trauen, zu zeigen, wie schön und zugänglich sie sind. Neulich zum Beispiel der Fahrer der letzten Straßenbahn in Marzahn - nicht nur in dieser langweiligen Uniform, sondern auch noch bis obenhin zugeknöpft, obwohl er seine Kabine doch heizen könnte. Was für ein schöner Mann das war, habe man erst in der Remise feststellen können. Ja, dahin habe der ihn nämlich mitgenommen nach der letzten fahrplanmäßigen Fahrt. Geil, so ein Betriebshof mit seinen Möglichkeiten. Dr. Weegmann schafft es nach mehreren Versuchen endlich, wieder ans Wort zu kommen, und kommt zurück auf sein Thema. Solch weiße Kleidung sei vielleicht eine halbe Stunde hier im Studio angebracht, aber doch wohl nicht fürs tägliche Leben geeignet, weil man sich so leicht schmutzig mache. Ja, sagt Porco treuherzig, bei der Hose sei Vorsicht geboten. Der letzte Tropfen nach dem, eh, wie beschreibt man das im Fernsehen, pissen sagt man hier doch nicht, oder? Der könnte einen gelben Flecken machen. Das würde nicht jeder schön finden, also muss man jedesmal aufpassen. Zum Glück habe er immer ihn dabei - Porco weist auf seinen Kameramann, der mit einem fleckigen Hemd unter den Zuschauern sitzt - zum Sauberlecken. Zum was??? Ja, der würde mit seinem Nutzmaul jedesmal den letzten Tropfen gründlich aufsaugen. Dr. Weegmann wird rot. "Also, diese Einzelheiten interessieren unsere Zuschauer wohl kaum; lassen wir jetzt über Ihren Beruf sprechen. Sie sind Schauspieler in einer Branche, in der Ihre Professoren sie wohl nicht vermuten werden." Porco erklärt, wie froh er ist, von Dr. Brauksiepe entdeckt worden zu sein. Er habe jetzt schon einige Filme gedreht, in denen er einfach nur tue, was er sowieso immer, bei jeder Gelegenheit, gern tue. Beziehungsweise, in denen er ohne nachzudenken einfach tun muss, was andere geile Männer verlangen. Wie schön es sei dass man einfach dafür bezahlt wird, zu leben wie man sowieso leben will, und dank der Firma seines Chefs auch noch als Vorbild für andere dienen könne. Übrigens verstehe er die Bemerkung über Professoren nicht. Neulich habe er noch einen zufällig an der Schönhauser Allee beim Kauf eines seiner Filme getroffen. Da sich nicht so schnell ein Stift fand, mit dem er das Beiheft signieren konnte, habe er den Professor nach Hause begleitet. Der habe doch einen wirklich schönen, gro... Weegmann unterbricht zur Vorsicht noch einmal, und sagt, dass es jetzt bitte nicht um Einzelheiten geht, sondern um Grundsatzfragen. "Ja, genau," schneidet Porco ihm unverdrossen das Wort ab, "einen großen Esstisch, wollte ich sagen. Darauf kann man auch einmal einen schönen Jungen Mann als Tafeldekoration festbinden, wissen Sie, so wie damals Dalí auf seiner nackten Gala ein kaltes Buffet angerichtet hatte. Meinen großen Landsmann Dalí und seine Gala kennen Sie doch?" Weegmann hat offenbar keine Ahnung, was Porco meint, und bohrt weiter: Dass man sich doch nur schwer vorstellen könne, dass ein Student das, was er in solchen Filmen für Geld tut, und das wir hier bitte nicht in Einzelheiten ausführen wollen, am liebsten ununterbrochen und überall täte, freiwillig und ohne Bezahlung? Ob er nicht nach einem normalen Privatleben verlangen würde? Nein, sagt Porco, und krault sich wieder die Brust. Natürlich würde er fleißig studieren und demnächst promovieren, auch würde er lange Stecken mit Freunden wandern und im Sportstudio trainieren, aber Männerkörper würden ihn ununterbrochen beschäftigen. Wirklich immer und überall? Weegmann begibt sich hier auf sehr dünnes Eis und merkt es nicht einmal. "Ja, immer. Ihnen würde ich jetzt viel lieber die Eier lecken, als hier rumzuquatschen. Davon hätten wir beide doch mehr." Weegmann wird knallrot und fuchtelt; aber Porco lässt sich nicht unterbrechen. "Sie sind zwar nicht mehr jung, aber ich glaube, Ihre Eier lassen sich gut lecken. Die hängen doch sicher schön tief? Oder tragen sie etwa enge Unterhosen? Schauen sie mal, ich fühle mich in dieser lockeren Hose am wohlsten. Ohne was darunter. So etwas würde ihnen auch gut stehen. Man muss natürlich die Innentaschen herausschneiden. Und, wie gesagt, mit dem letzten Tropfen müssten Sie aufpassen. Aber auch Sie haben doch sicher vielseitige Assistenten." Weegmann hat nun fast ganz die Fassung verloren und würgt das Gespräch mit ein paar gestammelten Dankworten ab. Zwei Assistenten führen Porco hinaus, und der zerrt seinen Kameramann mit. Ungewöhnlich. Normalerweise bleiben alle drei Gäste die ganze Zeit im Studio und kommen auch miteinander ins Gespräch. Wegmanns nächster Gast ist ein polnischer Priester, der nur schlecht Deutsch spricht, was nichts macht, weil katholische Priester ja sowieso alles aus dem Messbuch ablesen. Er soll den Priestermangel in Berlin lindern und hat irgendetwas falsch verstanden. "Mit Ihnen Eier essen? Kenne Redensart nicht. Ostern?" Vorm Bildschirm im Loch Gelächter und gequältes Gestöhne. Der Barkeeper schaltet um auf den DVD-Spieler. Seit dieser Sendung redet man natürlich in Berlin über Porco. Auch über Dr. Weegmann redet man, wenngleich eher spöttisch. Sobald sein Name fällt, beginnt irgendeiner von "tief hängen" oder so. Der Satz "Ihnen würde ich jetzt viel lieber die Eier lecken, als hier rumzuquatschen." wird in gewissen Kreisen zum geflügelten Wort. Es passt ja auch meistens. Lars, ein Bekannter von Dr. Brauksiepe hat in der Rankestraße einen Laden für körperbetonende Herrenbekleidung, zum Beispiel tief ausgeschnittene Hemden. Die Nachfrage ist seit der Sendung deutlich gestiegen. Product placement nennt man das beim Fernsehen. Der Doktor lässt sich nicht lumpen und lädt sich selbst, Lars, Porco, dessen Kameramann und seine wichtigsten Leute zu uns ein und bringt für jeden zwei Dutzend Austern und genügend Champagner mit. Das Fest wird schnell zu einer großen Schweinerei, bei denen man Austern und andere eiweißhaltige Substanzen kaum noch unterscheiden kann. Ich komme mit Lars ins Gespräch, und wir vereinbaren, dass unser Trainer und ich einige Kleidungsstücke für ihn entwerfen werden. Ich schlage vor, dass er die nicht in China nähen lässt, sondern von einem angeketteten Nacktsklaven in seinem Laden, aber das geht ihm zu weit. --------------------------------------- Wem hat dies gefallen? Meldet euch! 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