KeYNamM

by

Ruwen Rouhs






13 Angriff an Meryems Quelle



Tarit, KeYNamM und Ikken lagen am Rand der Klippe oberhalb der Quelle der Meryem und beobachteten was Lager im Talgrund vor sich ging. Ikken war aufgeregt. Er wollte wissen, wie viel Männer dem Expeditionskorps angehörten. Da keiner der Späher genaue Angaben über dessen Größe machen hatte machen können, versuchte Ikken Areksims Söldner zu zählen. Das war in der grauen Dämmerung nicht einfach. Die Söldner des Imperiums lagen in Gruppen um die niedergebrannte Feuer, die Füße zur verlöschenden Glut gerichtet. Jeweils zwölf lagen um eine Feuerstelle. Da er fünf Feuerstellen zählte, sollten es 60 Soldaten sein. Die Späher hatten aber von acht Dutzend Reitern gesprochen, außerdem von fünf Männern, die die Versorgungsgruppe angehörten. Das waren nach seiner Rechnung 101 Männer. Außerdem waren da noch der Feldhauptmann Areksim, der Anführer der Strafexpedition, sein Adjutant Udad und dessen vier Helfer.

Ikken rechnete nach. Schreiben konnte er fast nicht, nur seinen Namen und den krakelig. Aber rechnen konnte er gut. Das hatte ihm seine alte halbblinde Muhme schon als kleinem Jungen beigebracht! Immer wenn er bei Rechnen einen Fehler gemacht hatte, zog sie ihm am Ohr gezogen und zeterte, „Wie willst Du im Soukh Dein Geld verdienen, wenn Du nicht rechnen kannst! Streng Dich an!“ Es gehörten also nicht 60, nicht 101 sondern 106 Männer dem Expeditionskorps an. 60 konnte er sehen, aber wo waren die anderen?

Der Feldhauptmann Areksim, Udad und die Unteradjutanten hatten wahrscheinlich ihr Nachtlager vor oder sogar in der kühlen Höhle der Quelle der Meryem aufgeschlagen. Vielleicht lagerte dort oder unmittelbar vor der Höhle auch der Rest der Truppe mit Ausnahme der Versorgungsgruppe. Diese rastete, die mit ihren Mauleseln weiter unten am Bach. Dort, in einer provisorischen Koppel, waren auch die Pferde sein und der Nachtwind wehte ihren Geruch zu ihnen herauf. Die Frage war nur, wie viel Soldaten bewachten die Tiere, ein Dutzend oder weniger? Wahrscheinlich weniger. Tarits Truppe umfasste aber nur seine zwölf Grenzwächter, zwölf Freiwillige aus dem Klan Yufayyurs, Tarit selbst, KeYNamM und ihn, Ikken, also 26 Männer und einen Vierzehnjährigen. Wie sollten die wenigen mit fast der vierfachen Anzahl Gegner fertig werden?

Tarits Flüstern störte ihn plötzlich in seinen Überlegungen. „Ich hole jetzt die andern. Ihr beide wartet hier und wenn etwas Besonderes eintritt, dann ruft wie Wüstenlerchen.“ Tarit verschwand im Dunkel und Ikken kuschelte eng sich an KeYNamM, denn er zitterte in der kalten Wüstennacht vor Aufregung, weniger vor Kälte als vor Anspannung.

Endlich hörten sie leichte Schritte und Tarit tauchte mit sechs seiner Männer im Dunkeln auf. Zuerst wunderte sich Ikken, dass Tarit nur so wenige mitbrachte. Dann jedoch erinnerte er sich, dass die anderen sechs die Tiere auf der Koppel in Panik versetzen sollten. Sie würden daher weiter unten auf der Klippe oberhalb der Koppel Aufstellung nehmen.

Die weiten Übergewänder und die flatternden Kopfschleier ließen die kleinen, schlanken Männer gegen den grauen Nachthimmel noch größer und Furcht einflößender erscheinen als bei Tageslicht. Tarit blieb kurz vor den Rand der Klippe stehen, klappte die Abschirmung seiner Blendlaterne hoch und begann diese über den Kopf zu schwenken. Als von der gegenüberliegenden Seite das Lichtzeichen nicht sofort erwidert wurde, rief er dreimal wie ein Wüstenkäuzchen. Sogleich wurde sein Ruf von der anderen Seite erwidert und kurze Zeit später kreiste auch dort das Licht einer Laterne im Nachthimmel und bestätigte die Bereitschaft von Yufayyur Gruppe zum Angriff.

KeYNamM war inzwischen zu Tarit und seinen Männern zurückgerobbt und setzte wie sie den Bastknäuel am Vorderende des Pfeils in Brand, der mit Steinöl und Harz getränkt war. Auf ein leises Kommando hin schlossen achte Brandpfeile wie Kometen durch den dunklen Nachthimmel und schlugen mit einem Funkenregen im Talgrund dort ein, wo die Soldaten ihr Schlaflager aufgeschlagen hatten. Ein Hagel von Brandpfeilen, abgeschossen von den Männern auf der Klippe gegenüber, folgte nur Momente später.

Ikken konnte nicht erkennen, ob einer der schlafenden Söldner getroffen worden war oder die Brandpfeile zwischen ihnen eingeschlagen waren ohne jemanden zu verletzen. Die feurigen Boten riefen jedoch die beabsichtigte Wirkung hervor. Kleine Feuer loderten auf wo Ausrüstungsgegenstände oder Decken getroffen worden waren; Überraschungsschreie halten durch den Talgrund; aufgescheuchte Soldaten versuchten sich in Deckung zu bringen; unverständliche Kommandos ertönten.

Das war aber nicht alles. Als die sechs Wüstensöhne, die auf der Klippe oberhalb der Pferdekoppel auf den Beginn des Angriffs gewartet hatten, die Pfeile wie Kometen durch die Nacht zischen sahen, entzündeten auch sie ihre Brandpfeile und schickten sie in hohem Bogen ins Tal zu den ruhenden Tieren. Die brennenden Pfeile erschreckten die Pferde weit mehr als ihre Wächter. Aufgeschreckt begannen zu wiehern, stiegen hoch, stießen zusammen, überrannten nicht nur einander, sondern auch die wenigen Wachposten. Diese versuchten sie zu beruhigen, jedoch vergebens. Bald durchbrachen die ersten Pferde die leichte Umzäunung der Koppel, andere folgten und gab es kein Halten mehr. Die gesamte Herde drängte aus der Koppel und flüchtete ins Dunkle. Ein weiterer Pfeilhagel vergrößerte das eingetretene Chaos weiter.

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Nach Beginn des unerwarteten Überfalls hatten sich die Söldner des Gouverneurs auf Befehl des Feldhauptmann Areksim im Schutz der leicht überhängenden Klippe versammelt vor der Quelle gesammelt. Hier konnten sie von Pfeilen der Gruppe um Tarit nicht erreicht werden. Was sie jedoch übersahen war, dass sie jetzt immer noch ein exzellentes Ziel für Yufayyurs Männer auf der gegenüberliegenden Klippe bildeten. Diese begannen jetzt nicht nur mit Brandpfeilen zu schießen, sondern setzen auch Kriegspfeile ein, deren Widerhaken bewehrte Spitzen schmerzhafte Wunden bei den Söldnern verursachten. Da die Angreifer auf den Klippen beiderseits des Wadi von Talgrund nicht gesehen werden konnten, sah Areksim sofort ein, dass ein Gegenangriff mit Pfeilen nur Vergeudung von Material war. Er beschloss daher die Wüstensöhne zu Fuß anzugreifen zu lassen. Einer Gruppe schwer bewaffneter Männer befahl er daher den steilen Pfad zur Spitze der Klippe oberhalb der Quelle einzuschlagen und den Feind direkt anzugreifen. Eine andere Söldnergruppe sollte die Wüstenkrieger auf der gegenüberliegenden Klippe angreifen. Da es keinen direkten Weg zum Standort dieser Angreifern gab, musste der Söldnertrupp einen weiten Umweg nehmen.

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Ikken wurde unruhig, als er bemerkte, dass die Söldner des Gouverneurs den steilen Pfad hinauf zu seinem Aussichtsplatz auf der Klippe stiegen. Er sprang auf, rannte zu Tarit und zog ihn zum Rand der Klippe, „Tarit, Tarit schau dort!“ Aufgeregt deutete er auf die im Halbdunkel heranschleichenden Söldner. „Keine Angst, Ikken! Glaubst Du wir haben nicht mit diesem Gegenangriff gerechnet!“ Er drückte Ikken ein dickes Seilende in die Hand, „Hier, nimm das Seilende. Wenn Du daran ziehst, löst Du einen Steinschlag aus.“ Als Ikken sofort wild am Seil zu ziehen begann, bremste Tarit seinen Eifer, „Langsam, langsam, Du darfst erst am Seil ziehen, wenn unsere Gegner die Hälfte des Anstiegs geschafft haben!“ Beide warteten gespannt, dann befahl Tarit, „Jetzt!“ Mit einem Ruck löste sich die am Tag zuvor aufgeschichtete Steinbank oberhalb des Pfades. Große und kleine Steine begannen zu Tal zu poltern, teils den steilen Pfades selbst entlang, teils direkt den Abhang hinunter zum Talgrund.

Die Spitze der Angreifer wurde von den Steinbrocken überrascht, die plötzlich den Berg herunter geschossen kamen. Sie konnte nicht schnell genug reagieren und wurden wie Puppen vom Pfad gekegelt. Die Söldner, die hinter ihnen kamen hatten mehr Glück und konnten mit blutigen Köpfen den Rückzug antreten. Durch den Steinschlag wurden weitere Steinbrocken aus der Steilwand gerissen. Der Steinschlag schwoll rasch zu einer Gerölllawine an, die auf die Soldaten niederprasselte, die sich am Fuß der Steilwand versammelt hatten. Viele wurden getroffen und trugen schmerzhafte Schrammen oder blutende Wunden davon.

Die Verwirrung, die durch die unerwartete Steinlawine hervorgerufen wurde, stieg weiter an, als plötzlich ein Trupp scheuender Pferde den Wadi hoch galoppierten kam und sich einen Weg durch die durcheinander rennenden der Söldner bahnte. Erst auf Befehl des Hauptmanns suchten die Söldner in kleinen Gruppen Deckung hinter Steinblöcken am Fuß der Steilwand, um den Steinhagel und den Pfeilen der Imuhagh kein Ziel zu bieten. Bis zum Tagesanbruch erfolgte jedoch kein weiterer Angriff. Die Männer Areksims verließen ihre Deckung erst, als der Trupp, der das Gebiet oberhalb des gegenüberliegenden Steilhangs nach Wüstensöhnen absuchte, erschöpft aber unverrichteter Dinge zurückkehrte.

Ikken war überdreht. Der Überfall auf das Expeditionskorps des Gouverneurs hatte sein Herz rasen lassen; der Kometenschauer der Brandpfeile, die auf die schlafenden Söldner niedergingen; das Wiehern der verstörten Pferde, die alles überrannten, was sich ihnen in den Weg stellte; das Gepolter der Gerölllawine, die die Angreifen vom Pfad kegelte, das alles machte, dass er am ganzen Körper zitterte. Jetzt hielt ihn nur die Anspannung des Kampfes auf Beinen.

Tarit und KeYNamM waren mit dem Ergebnis des Überfalls zufrieden , obwohl sie weder wussten wie viele der Söldner verletzt oder gar getötet, noch wie viele Pferde entkommen waren, noch wie hoch der Verlust Areksims Truppe an Material war. Beide waren aber sicher, dass sie einen Teilsieg errungen hatten und das Expeditionskorps geschwächt worden war. Die Späher, die die Feinde ständig beobachteten, würden bald über den Erfolg des Überfalls Auskunft geben können.

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Tarit, KeYNamM und Ikken waren mit ihrer kleinen Truppe zur nächsten Wasserstelle wadiaufwärts unterwegs. Sie wurden nur noch von neun Männer begleitet, da die drei erfahrensten Grenzer den Auftrage erhalten hatten, jeden Boten Areksims abzufangen, der den Gouverneur vom Fortgang der Strafexpedition unterrichten sollte. An der Wasserstelle, dem Siebenziegenbrunnen, wollten sie mit Yufayyurs Gruppe zusammentreffen, wodurch sich die Kampfkraft Tarits Truppe mehr als verdoppeln würde.

Warum nennt ihr die Wasserstelle Siebenziegenbrunnen?“ wollte KeYNamM von Tarit wissen, der neben ihm ritt. „Weil sein Wasser in der heißen Jahreszeit gerade ausreicht, den Durst von sieben Ziegen zu stillen. Sein Wasser wird zwar ausreichen, um unsere Wasservorräte zu ergänzen und unsere Pferde zu erfrischen, aber es reicht keinesfalls für eine so große Truppe, wie das Expeditionskorps des Gouverneurs.“ Dann begann Tarit zu kichern, „Wenn Areksim meint, dass sich seine Leute an der nächsten Wasserstelle, dem See des Fauligen Wassers, mit dem kostbaren Nass versorgen können, dann irrt er. Das Wasser dort schmeckt zwar gar nicht so schlecht, aber wer es trinkt, der muss sich bald darauf übergeben und beginnt sich die Hose voll zu machen. Der Körper verliert dabei Wasser, immer mehr Wasser und anstatt dass dieses Wasser dir den Durst still, steigert es ihn!“ Die Söldner müssen also alles Wasser mit sich führen, Wasser für sich und ihre Reittiere.“

KeYNamM schaute sich um, „Haben wir eigentlich vorgesorgt? Mein Wasserschlauch hier ist ziemlich leer.“ „Wir haben volle Wasserbehälter abseits der Route versteckt, außerdem gibt es Quellen, die nur Eingeweihten bekannt sind. Die Truppe des Gouverneurs muss aber zwei Tage reiten, bevor sie bei der Oase Mhamit auf ausreichend Wasser stößt. Von dauert es noch einen Tag, bis sie die Ksar der Jinns erreichen, wo der Weg zur Kasbah des Amenokal abbiegt.

Gegen Mittag traf Tarits Gruppe am Siebenziegenbrunnen ein. Dort wartete Yufayyur mit seinen Männern schon auf sie. Die Gruppe lagerte im kargen Schatten einer Felswand. Die aufregenden Geschichten über seinen jungen Schwager, mit denen Tarit während des anstrengenden Ritts Ikken wach zuhalten versuchte, hatten ihn neugierig gemacht. Jetzt versuchte er zu erraten, welche der dort liegenden Gestalten in den grauen Übergewändern und den Gesichtsschleiern Yufayyur war. Das wurde ihm sofort klar, als sich einer von ihnen erhob und sie mit einer Verbeugung einlud, den schattigen Platz mit ihnen zu teilen. Noch mehr staunte er, als dieser weder Tarit noch KeYNamM als erste begrüßte, sondern vor ihn hintrat, „Junge mit dem roten Hut der Königs Gaya, sei gegrüßt! Deine Tat hat sich bis zu uns herumgesprochen. Ich soll Dir im Namen meiner drei Schwestern danken, dass Du und Dein Bruder das Entkommen des Amestan ermöglicht habt! Sei willkommen im Reich der Wüstensöhne!“ dann ohne im mindesten schüchtern zu sein, küsste er Ikken auf beide Wangen und fuhr fort, „Ich darf Dich doch Bruder nennen Ikken, Nachfolger Gayas! Ich weiß, dass wir Brüder sind!“

Ikken erstaunte die wohlgesetzte Begrüßung. War das Yufayyur? Er sprach wie ein Gebildeter, einer der am Hofe eines Königs groß worden war und nicht wie einer der zwischen Zelten in der Wüste aufgewachsen war. Ikken brauchte einen Augenblick, dann erwiderte er die Begrüßung, „Du bist Yufayyur, Tarits Schwager, richtig? Deine Begrüßung ehrt mich. Aber ich habe sie nicht verdient, ich bin nur ein einfacher Junge und den Hut des Königs hat mir eine alte Händlerin geschenkt.“ dann fügte er hinzu, „Ich habe nichts Außerordentliches geleistet. Ich musste KeYNamM helfen. Ich konnte nicht zulassen konnte, dass der Gouverneur noch einen Unschuldigen ermordet!“ Dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und gab Yufayyur die Küsse zurück.

Yufayyur lächelte wurde dann jedoch ernst. Er verbeugte sich noch einmal tief von Ikken, „Vaterloser! Auch ich war ein Vaterloser und habe meinen zweiten Vater in Tarit gefunden, wie Du in KeYNamM. Lass uns Brüder sein, wie unsere beiden neuen Väter Brüder sind.“

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Jetzt, am frühen Abend, dösten die Pferde von Tarits Männer mit hängenden Köpfen im länger werdenden Schatten des Felshangs westlich des Brunnens. Die Imuhagh hatten ihnen Decken übergehängt, damit die heiße Luft den kühlenden Schweiß nicht so schnell wegtragen konnte. Die Männer lagen in ihre weiten Übergewänder gehüllt, den Gesichtsschleier über den Kopf gezogen, so nah als möglich an der schattigen Felswand, die jetzt die gespeicherte Hitze abgab. Alle waren durstig, doch warteten geduldig, dass Tarit den Befehl zum Trinken geben würde.

Ikken, der nur ein kurzes Hemd und seine rote Kappe trug, aber weder ein weites Übergewand, das Tekamist, noch einen Gesichtsschleier, den Tugulmust, wie sein neuer Freund Yufayyur, lag eng an diesen gedrückt unter einer dicken Kamelhaardecke. Erschöpft von der Anstrengung der vergangenen Nacht und des langen Ritts am Morgen schliefen beide fest, obwohl ihnen der Schweiß in Strömen über die Gesichter rannte.

Yufayyur hatte einen wunderschönen Traum. Doch als er neben dem verschwitzten Ikken aufwachte, konnte er sich nicht mehr erinnern, warum der Traum so schön war. Aber er hatte etwas mit Ikken zu tun, dessen frischer Körpergeruch ihm in die Nase stieg. Auch Ikken erwachte plötzlich, versuchte sich aus Yufayyurs Umarmung zu befreien, drehte dann aber nur den Kopf und rieb seine Nase an seines neuen Freundes Wange und kicherte glücklich.

Was beide aufgeweckt hatte, war das flinke Getrampel der Hufe eines sich nähernden Pferdes. Ikken schlug die Decke zurück und erkannte im Licht des Spätnachmittags einen der Späher, den Tarit bei der Quelle der Meryem zurückgelassen hatte.

Sie werden nicht vor Anbruch der Nacht hier eintreffen, Areksims Männer!“ rief er schon von Weiten, „Ihre Pferde sind müde. Viele müssen zwei Männer tragen, da mehr als ein Drittel der Tiere in der Wüste verschwunden sind.“

Und die Männer, sind es noch alle? Wieviel sind verletzt?“ fragte Tarit zurück, „Wieviel haben wir getötet?“

Ich habe keine Toten gesehen, aber Areksim hat etwa ein Dutzend Verletzte an Meryems Quelle zurück lassen müssen. Seine Truppe ist also zusammengeschmolzen.“ dann blickte er fragend zu Tarit, als wenn er sich nicht traute, seinem Feldherr seine eigene Meinung mitzuteilen, „An Areksims Stelle hätte ich den Kriegszug nicht fortgesetzt. Weiß er denn nicht, dass das Wasser hier nicht einmal für seine Soldaten reicht, geschweige denn für die Pferde!“

Du hast recht, Späher! Bevor wir weiter reiten werden wir den letzten Tropfen Wasser aus dem Brunnenschacht holen! Die sollen sehen, dass sie hier nicht willkommen sind.“ Dann drehte Tarit zu seinen Männern um, „Trinkt euch satt, füllt die Wasserschläuche auf, dann tränkt die Pferde! Areksims Truppen dürfen hier keinen Tropfen Wasser finden. Wir reiten sofort weiter, zum See des Fauligen Wassers.“

Als Tarit seine Truppen zum Abmarsch sammelte, ritt Yufayyur dicht an ihn heran, „Lass mich und Ikken zurückbleiben, wir sind so gut wie jeder deiner Späher. Ich verspreche Dir auf Ikken gut aufzupassen!“ Dabei hielt er seine Hand zum Schwur hoch, Du kannst sicher sein. Wir werden nichts unternehmen, was uns gefährdet!“ Tarit runzelte die Stirn und sah dann zu KeYNamM hinüber, der gerade sein Pferd sattelte und mit Ikken argumentierte. „Habt ihr das unter der Decke ausgeheckt?“ Dann blinzelte er seinem jungen Schwager zu, „Wollt ihr alleine sein? Willst Du mit Ikken allein sein? Mir ist gleich aufgefallen, wie Du ihn angesehen, als du ihn erstmals angesprochen hast und Ikken schaute Dich auch ganz interessiert an.“ Yufayyur wurde rot und versuchte seine Verlegenheit zu verbergen, indem er sein Gesicht mit dem Schleier verdeckte. „Wenn KeYNamM einverstanden ist, könnt ihr die ganze Nacht zusammenbleiben, aber haltet euch von Areksim und seinen Truppen genügend Abstand. Verliebte haben schon oft vergessen wie nahe die Gefahr ist.“

KeYNamM gab Ikken einen Klaps, stieg auf sein Pferd, „Ich lass Dich ungern mit Yufayyur allein zurück! Aber Du scheinst darauf zu brennen mit dem Wüstensohn allein bleiben zu dürfen und ich dachte Hiyya hat dir den Kopf verdreht!“ Ikkens Gesicht war plötzlich so rot wie seine Kappe. Er senkte er den Blick, „Hiyya und ich sind nur Freunde, auch wenn sie mehr sein möchte! Du erlaubst es also?“ dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und gab dem Amestan eine Kuss auf die Wange, „Danke KeYNamM-baba, Du bist der Beste!“

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14 Ikken und Yufayyur stehen für einander ein

Ikken und Yufayyur wählten eine schmale Lücke zwischen zwei Felsblöcke am Kamm des nördlichen Talhangs als Versteck. Sie legten dürren Äste über den Spalt, um besser getarnt zu sein. Vom dem Versteck aus konnten sie den Platz um den Siebenziegenbrunnen herum gut einsehen ebenso den schmalen Weg auf dem Areksims Truppe das Trockental herauf kommen müssten. Lieber hätten sie das Versteck in größerer Entfernung vom Brunnen angelegt, aber von weiter hinten war nur der Pfad zum Brunnen zu sehen und nicht dieser selbst. Ihre Pferde hatten sie in einer Schlucht des Hochplateaus zurückgelassen und dort an einen verkrüppelten Argahnbaum gebunden, dessen Wurzel durch Felsspalten bis zum Grundwasser reichen.

Beim Anbinden der Pferde war Yufayyur sehr vorsichtig. Er vermied sorgfältig den Baum zu verletzen, denn das würde den Geist des Baumes verärgern. Er war ängstlich und zog als Vorsichtsmaßnahme den Gesichtsschleier über den Mund, um dem Geist, falls der verärgert wäre, den Eintritt in seinen Körper zu verwehren.

Jetzt lagen die beiden eng aneinander gedrückt und warteten auf das Eintreffen des Expeditionskorps. Die Hitze des Tages war abgeklungen. Ein schwacher Abendwind brachte frische Luft aus den nahen Bergen. Alles war ruhig, nur das Schrillen der Zikaden hallte vom Brunnen herauf. Beide schwiegen und genossen das Beisammensein. Yufayyur hatte Ikkens weites Hemd etwas hoch geschoben und streichelte dessen Rücken mit sanften Bewegungen. Ikken genoss die leichten Berührungen und schob seinerseits vorsichtig eine Hand unter das Übergewand seines Freundes und fuhr mit den Fingern das Rückgrat seines Freundes entlang bis zum Hosenbund. Als er am leisen kichern bemerkte, das Yufayyur das mochte, wurde er kühner. Er befeuchtete seinen Zeigefinger mit Spucke steckte die Hand unter den Hosenbund und tastete mit dem feuchten Finger nach Yufayyur Polöchlein.

Sie waren so intensiv miteinander beschäftigt, dass sie beinahe den Augenblick verpassten, als sechs Reiter vor dem Brunnen auftauchten. Fast unhörbar, denn sie hatten die Hufe ihrer Pferde mit Lappen umwunden, umritten sie den Brunnen in immer weiteren Bögen, auf der Suche nach Spuren. Als sie keine frischen Spuren am Brunnen selbst ausmachen konnten, blieben zwei dort zurück, während die anderen vier die Talhänge und die unmittelbar angrenzende Hochfläche abzusuchen begannen.

Ikken und Yufayyur erstarrten, als einer Reiter bis auf wenige Schritte an ihrem Versteck vorbei ritt. Als sein Pferd den Geruch der beiden wahrnahm, schnaubte es unwillig und riss den Kopf hoch. Zum ihrem Glück ignorierte der Reiter diese Warnung, ritt weiter und gab kurz darauf das Signal auf das die beiden Späher unten am Brunnen gewartet hatte. Diese ritten schleunigst den sandigen Pfad zurück zu Areksims kleiner Armee um den Feldhauptmann zu informieren, dass am Brunnen keine Gefahr lauerte.

Schon kurze Zeit später war der Lärm der herannahenden Marschkolonne zu hören und bald ritt die erste Zwölfergruppe schwer bewaffneter Söldner auf den Brunnen zu. Ihnen folgte Areksim selbst mit Udad und einem von dessen Adjutanten. Erst danach kamen die weiteren Teilnehmer am Expeditionskorps in Gruppen zu etwa zwölf heran geritten. Ikken zählte im Ganzen sechs Reitergruppen fünf. Da aber manche Pferde zwei Reiter tragen mussten, konnte er in der herrschenden Dämmerung nicht genau herausbekommen, über wie viel Mann Areksim jetzt noch verfügte. Die fünf Männern der Versorgungsgruppe, die mit ihren Maultieren die Vorräte transportierten, eingerechnet, schätze er, dass die Truppengröße auf etwa 85 Mann zusammengeschmolzen war. „Yufayyur!“ flüsterte er, „Unser erste Angriff war erfolgreich, mehr als zwanzig Männer fehlen und mindestens zwei dutzend Reittiere! Noch ein erfolgreicher Angriff und sie sind zu schwach, um die Kasbah des Amenokals zu überfallen.“ Darauf antwortete Yufayyur nur, Die werden erst gar nicht so weit kommen. Warte nur, wenn Tarits Taktik Erfolg hat, muss Areksim am Ksar der Jinns umkehren.“

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Plötzlich wurden die Geräusche am Brunnen durch Gebrüll und Fluchen unterbrochen, in der sich bald das ungeduldige Wiehern der Pferden und das schrille Geschrei der Maultiere mischte. „Jetzt haben sie gemerkt, dass der Brunnen leer ist!“ flüsterte Yufayyur triumphierend, „Die kommen nicht einmal zum Ksar, denen ist schon jetzt das Wasser knapp geworden. Hörst Du die Pferde und Esel, die schreien nach Wasser. Wir haben den Brunnen völlig leer geschöpft und das Wasser des Fauligen Sees sollten sie besser auch nicht trinken. Sie müssen jetzt schon ihre Wasservorräte angreifen.

Nach einer Zeit verklang der Lärm am Brunnen und wurden durch die Geräusche ersetzt, die beim Einrichten des Lagers entstanden. Allmählich verstummte der Lärm fast völlig und wurde vom Schnarren der Zikaden übertönt.

Ikken und Yufayyur hatten ihr Ziel erreicht. Sie kannten die Verluste Areksims Truppe und wollte sie so schnell als möglich an KeYNamM und Tarit weitergeben. Als sie gerade rückwärts aus dem Versteck herauskrochen waren, kamen zwei schwerbewaffnete Wachen den Hang hinauf und begannen ihre Patrouille entlang des Kammes. Es war zu spät zurück ins Versteck zu kriechen. Sie konnte nur hinter den umher liegenden Felsblöcke in Deckung gehen und hoffen, dass die Wachposten bald weit genug entfernt wären, damit sie ungesehen zu ihren Pferden gelangen konnten.

Einer der Söldner machte ihnen aber einen Strich durch die Rechnung. Als die beiden vielleicht fünfzig Schritte von ihnen stehen blieben, sagte der eine etwas zu dem anderen, drehte sich um und kam schnell auf die Felsblöcke zu, hinter denen sich die beiden versteckten. Ikken und Yufayyur erstarrten zu Stein. Doch der Soldat schaute sich nicht weiter um, sondern drehte ihnen den Rücken zu, hob sein Obergewand hinten hoch, zog die weite Hose herunter und hockte sich hin.

Der Abstand zwischen Ikken und Yufayyur und dem hockendem Wachposten betrug nur ein halbes Dutzend Schritte. Die beiden Freunde versuchten so gut es ging das Atmen zu unterdrücken und lauschten dem angestrengten Stöhnen des Söldners. Trotz der Dunkelheit sah Ikken wie sein Freund ihn angrinste und eine anzügliche Geste machte. Doch dann begann Yufayyur vorsichtig den krummen Dolch an seinem Gürtel zu ziehen. Trotz seiner konzentrierten Bemühungen musste der Wachposten das Schaben wahrgenommen haben, das der Dolch beim Herausziehen aus der Scheide verursachte. Er drehte plötzlich den Kopf zu ihnen hin und erblickte die zwei grauen Gestalten vor dem dunklen Fels. Mit einem Ruck versuchte er sich aufzurichten, was die herabgelassene Hose jedoch verhinderte. In diesem Augenblick sprang Yufayyur vorwärts, packte den Mann am Kopf, bog den zurück und trennte ihm Kehle mit einem Schnitt durch. Begleitet von dem gurgelnden Geräusch des heraus spritzenden Blutes fiel der Mann auf den Rücken und begann um sich zuschlagen. Ikken sprang hinzu und half Yufayyur den Körper des Sterbenden am Boden festzuhalten. Als das Strampeln des getöteten Söldners aufhörte, versuchten Ikken und Yufayyur seine Leiche in die Lücke zwischen die Felsblöcke zu ziehen in der sie sich zuvor versteckt hatten.

Entweder wurde dem anderen Wachposten die Zeit zu lang, die der andere wegblieb oder es machten ihn die Geräusche misstrauisch, die aus Richtung des Felsen herüber drangen. Er stand auf, blickte sich um und begann leise nach seinem Kollegen zu rufen. Da er keine Antwort erhielt, begann er auf die Felsen zuzugehen, hinter denen er ihn vermutete.

Ikken und Yufayyur war es noch nicht gelungen, den schweren Mann vollständig in die schmale Lücke zwischen die beiden Felsnasen zu ziehen, als der Wachposten schon auf sie zukam. Sie ließen den toten Körper daher liegen und gingen hinter Felsbrocken in Deckung. Als der Wachposten um die Felsnasen herum bog, stolperte er über die Füße seines toten Kollegen, die noch aus Spalt hervorsahen. Er richtete sich verwirrt auf und stand plötzlich Ikken gegenüber, der seinen Bogen gespannt hatte, um sich zu verteidigen. Der Wachposten schrie erschrocken auf, machte einen Schritt zurück und Ikken ließ die gespannte Sehne des Bogens unwillkürlich los.

Der Pfeil traf die Brust des Mannes mit voller Wucht, bohrte sich in dessen Brustkorb und blieb tief in der Lunge stecken. Der Mann stöhnte auf, hustete Blut und ging in die Knie. Ikken blieb starr vor Schreck am Felsen gelehnt stehen, da nicht geplant hatte, auf den Wachposten zu schießen. Im Gegensatz zu Ikken erfasste Yufayyur die Situation sofort. Er sprang vorwärts, stieß den Verwundeten zu Boden und drückte dessen Kopf in den Sand, um ihn am Schreien zu hindern. Erst jetzt wurde Ikken wieder lebendig. Er riss seinen Krummdolch aus dem Gürtel, stürzte vorwärts und tötete den Mann durch Hiebe ins Genick.

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Ikken und Yufayyur durften keine Zeit verlieren. Sie rannten daher sofort nach dem Zwischenfall quer über das steinige Plateau zu ihren Pferden. Sie ließen sich auch keine Zeit diese zu füttern oder zu tränken, sondern banden sie los, sprangen auf ihren Rücken und ritten, so schnell es die Dunkelheit erlaubte, in einem weiten Bogen durch die kleine Schlucht zum Trockental. Erst dort gönnten sie den Pferden und sich eine kleine Pause.

Während Ikken sein Pferd tränkte, begann er so zu zittern, dass er Wasser verschüttete. „Pass doch auf!“ rief ihm Yufayyur zu, „Wir müssen mit Wasser sparsam umgehen!“ Erst dann bemerkte er Ikkens Zittern. „Was ist kleiner Bruder! Komm!“ Er ging zu ihm und legte ihm einen Arm um die Schultern, doch Ikken hörte nicht auf zu zittern. Immer wieder wiederholte er, „Ich habe den Söldner getötet! Ich habe ihn getötet, ich habe ihm nicht geholfen, als ich ihm aus Versehen den Pfeil in die Brust gejagt habe. Nein, ich habe ihn sogar den Kopf abgeschlagen!“ Yufayyur nahm seinen Freund jetzt ganz fest in beide Arme. „Du hast alles richtig gemacht, Ikken! Du musstest ihn töten, sonst wären wir schon tot!“ „Ja, ich weiß! Ich weiß! Aber ich hatte mir beim Tod meines Vaters geschworen, nie jemanden zu töten, sondern jedem zu helfen! Und jetzt?“

Yufayyur suchte nach tröstenden Worten, aber ihm fielen keine ein, so wiederholte er, „Du musstest so handeln, sonst wären wir schon tot.“ dann fügte er hinzu, „Ich habe den ersten Söldner nur getötet, damit er uns nicht gefährdet! Glaubst Du, er tut mir nicht auch leid! Aber wir mussten beide töten. Glaubst Du der Gouverneur hat seine Armee in das Reich der Imuhagh gesandt, weil er uns liebt. Nein, er und der Imperator wollen uns zu ihren Sklaven machen. Verlangt der Imperator nicht Tribut von den Menschen am Draa? Hat der Imperator nicht den Amestan fangen lassen, den Beschützer der Menschen im Unland, den König vom Unland? Hat er nicht KeYNamMs Vater umbringen lassen und Deinen Vater? Und ?“ Yufayyur dachte nach, „Er wird Dich verfolgen Ikken, er will Dich auch töten! Er verfolgt Dich jetzt schon, seit die Weise Frau auf dem Markt, in Dir den Erben Gayas erkannt hat, seit die Prophetin Dir den Hut von König Gaya aufgesetzt hat, dem König Gaya, der vor Jahrhunderten das Reich der Imuhagh regierte. Sie hat Dich zum König gekrönt! Dein Kopf ist für den Imperator wertvoller als der Kopf des Amenokal.“ Yufayyur verschnaufte kurz, „Du hast richtig gehandelt Ikken! Du hast so gehandelt, wie König Gaya gehandelt hätte.“

Ikken verstand seinen Freund nicht, denn er kannte die Geschichte der Imuhagh, der Wüstensöhne, nicht, niemand hatte sie ihm erzählt. Er schüttelte den traurig den Kopf, „Auch ein König darf nicht töten. Er muss barmherzig sein!“ Mit einem tiefen Seufzer stieg auf sein Pferd, „Lass uns reiten Yufayyur, mein lieber Freund, KeYNamM und Tarit warten.“

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Als sie den nächsten Halt einlegten, stand die Sonne schon hoch am Himmel und selbst die überhängenden Felsen warfen kaum Schatten. Ikken und Yufayyur waren todmüde aber auch die Pferde brauchten dringend eine Rast und Wasser. Sie fütterten und tränkten die Tiere und legten sich dann nahe an die Felswand, die noch etwas Kühle abstrahlte. Selbst die Pferde ließen die Köpfe hängen und verhielten sich ruhig.

Ikken schrak plötzlich aus dem Schlaf. Ein ungekanntes Geräusch drang an sein Ohr. Er lauschte auf die Geräusche ringsumher. Das helle Schnarren der Zikaden in den verdorrten Büschen war fast erloschen. Es hatte ihn nicht geweckt, dessen war er sicher. Auch die Eidechsen konnten es nicht gewesen sein, die sich auf einen Stein sonnten. Hatte ihn Hufgetrampel geweckt? Waren ihnen die Söldner des Gouverneurs auf der Spur? Er lauschte mit geschlossen Augen. Etwas war zu hören, etwas was noch nie an sein Ohr gedrungen war. Das unbekannte Geräusch ängstigte ihn. Er schüttelte seinen Freund wach. „Horch! Da ist was? Etwas Unbekanntes! Ich kann das Geräusch nicht erraten!“ Yufayyur setzte sich schlaftrunken auf, lauschte lange, „Ich lebe seit meiner Geburt in der Wüste und denke, dass ich jedes Geräusch kenne. Aber Hufgetrampel ist das nicht, weder das von Pferden, noch von Antilopen!“ Er zögerte, machte dann ein überraschtes Gesicht, „Ikken siehst Du die grau-grünen Kugeln, die über den Sand huschen? Erkennst Du sie? Es sind Wüstenrosen!“ rief er triumphierend aus, „Kel Essuf, der große Geist, schickt uns Wüstenrosen! Der Wüstengeist liebt uns! Er liebt uns. Wüstenrosen schickt Kel Essuf nur denen, die ihm besonders am Herzen liegen“

Er küsste Ikken, zog ihn an der Hand hoch, „Wir müssen von den Wüstenrosen so viele einsammeln wir können. Sie bringen Glück, nicht nur uns sondern auch denen, denen wir sie schenken.“ Yufayyur sprang auf und zerrte Ikken mit in die heiße Sonne. Sie soviel der faustgroßen, graugrünen Kugeln, wie sie in ihren hochgeschlagenen Überkleidern nur tragen konnten. Wüstenrosen! Wüstenrose, Sie bringen Dir und mir Glück! Sie verscheuchen das Böse, sagen den Regen voraus, helfen Frauen wenn sie im Kindbett liegen! Wir sammeln sie für die Klans der Wüstensöhne und für Tarit und KeYNamM!“

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Die nächsten Stunden im Sattel vergingen im Flug. Als sie die Sträucher am Rand des Sees des faulen Wasser in der Ferne sahen, preschten plötzlich zwei Berittene aus einem Seitental auf sie zu, schwenkten Tücher über dem Kopf, „Hierher! Hierher! KeYNamM hat uns geschickt. Er wartet! Wir sollen euch schnell zum Lager bringen.“ „Und Tarit, wo ist der?“ fragte Yufayyur ungeduldig. „Er ist mit der größeren Gruppe seiner Männer voraus zur Oase Mhamit, um dort auf Areksims Armee zu warten!“

Ikken ritt voraus. Er trieb sein Pferd an, er musste als Erster KeYNamM von der gestrigen Nacht berichten. Das enge Seitental machte plötzlich einen Bogen und um ein Haar hätte er den Amestan umgeritten, der im Schatten der steilen Südwand vor sich hin döste. „KeYNamM-baba, KeYNamM-baba!“ Es hielt Ikken nicht mehr im Sattel, er sprang vom Pferd und in des Amestans Arme. „KeYNamM-baba, KeYNamM-baba! Du wirst es nicht erraten, was Yufayyur und ich gestern erlebt haben.“ KeYNamM setzte Ikken ab und umarmte Yufayyur, der inzwischen vom Pferd gestiegen war. KeYNamM lachte übers ganze Gesicht, „Tarit hatte recht! Ihr kommt ganz und heil zurück! Danke Yufayyur, dass Du so gut auf Ikken aufgepasst hast!“ Ikken zog ein beleidigtes Gesicht! „Ich habe auf meinem Freund genau so aufgepasst wie er auf mich!“

Erst jetzt bemerkte KeYNamM, dass das weite Hemd Ikkens von Blutflecken übersäht war. Erschrocken blickte er zu Yufayyur. Auch dessen Überkleid war blutverschmiert. „Was ist los? Seid ihr verwundet?“ er schaute besorgt, „Ihr wirkt nicht so! Warum seid ihr so blutverschmiert. Ikken auch Dein Gesicht hat Blutspritze abgekriegt!“

Er zog die beiden ins kleine Zelt, das Ikken und Yufayyur endlich Schatten bot. Der Luftzug durch die beiden Zeltöffnungen kühlte ihre Haut. Erschöpft ließen sie sich neben den vier Imuhagh in die Hocke fallen. Alle vier hatten die Gesichtsschleier abgenommen und schauten neugierig auf die beiden Neuankömmlinge. Sie waren um ein Tablett mit Teebechern versammelt und sofort goss einer ihnen Tee aus einer Kanne ein.

Als Ikken das erste Glas geleert hatte, platze es aus Yufayyur heraus. „Verwundet? Es ist das Blut der Söldner, die wir getötet haben“ „Ja, Ikken und ich haben jeder eine Wache ausgeschaltet!“ berichtete er stolz. Dann schilderten sie die Ereignisse der vergangenen Nacht, vor allem wie sie die Söldner überrascht und getötet hatten. Am Ende des Berichts aber wurde Ikken traurig, „Ich wollte den Wachposten gar nicht töten. Ich hasse es zu töten!“

Jeder Amenokal, jeder Amestan muss töten können, wenn sein Leben bedroht ist! Wenn Du Ikken später ein Anführer werden willst, dann musst Du bei Zeiten lernen, die richtige Entscheidung zu treffen.“ sagte der älteste der Imuhagh. „Du hast richtig getan. Du hast die getötet, die dich bedrohten!“ sagte ein anderer.

Als die Sonne schon tief am Himmel stand brach KeYNamM mit Ikken, Yufayyur mit zwei der Imuhagh auf. Sie wollten noch vor Mitternacht an der Oase Mhamit ankommen, wo Tarit sie erwartete. Die beiden anderen Grenzwächter hatten den Auftrag vom Rand des Plateaus aus die Ankunft der Truppe des Gouverneurs zu beobachten, die vom Brunnen des Faulen Wassers den Wadi herauf kommen würden.

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