USUAL DISCLAIMER

"GERECHTE UNTER DEN VOLKERN" is a gay story, with some parts containing graphic scenes of sex between males. So, if in your land, religion, family, opinion and so on this is not good for you, it will be better not to read this story. But if you really want, or because YOU don't care, or because you think you really want to read it, please be my welcomed guest.

GERECHTE UNTER DEN VOLKERN von Andrej Koymasky © 2011
am 21. Mai 2004 geschrieben
Deutsche Übersetzung: Mario Mosa
KAPITEL 10
MÄRZ 1982

Thaddäus feierte 1973 seinen 50. Geburtstag. Wolfgang wollte ihm ein ganz besonderes Geschenk machen. Nach tiefem Überlegen entschied er eine Urlaubsreise mit seinem Geliebten nach Jerusalem, wie er wußte, daß Thaddäus sie seit lange wünschte.

Was sie beide eingriff, besonders aber Wolfgang, war ihr Besuch auf das Yad Vashem Museum, das in den 50iger Jahren zum ewigen Andenken an die Opfer der Shoah gegründet wurde, d.h. der Opfer der Juden, und auf den Gerechtengarten in seinem Inneren, erschaffen, um jene Nichtjuden zu ehren, die sich im Beistand und Retten der Juden vom nazistischen Massaker aufgeopfert hatten.

Während Wolfgang von den vielerlei Belegmaterialien über die Shoah tief ergriffen war, blieb Thaddäus lange im Gerechtengarten gedankenverloren spazieren. Nach dem Besuch wollte Thaddäus mit den zuständigen Leitern des Yad Vashem Instituts sprechen, denn er wollte verstehen, wie die im Gerechtengarten erinnerungswerten "Gerechten unter den Völkern" gewählt werden.

Er sprach mit mehreren Leuten, die dort arbeiteten und schließlich wurde sich Thaddäus darüber im klaren, daß es sich praktisch keine einzige ausreichende, genaue Begriffsbestimmung gab, worum es sich eigentlich bei einem Gerechten handelte.

"Ihr Hauptmerkmal ist die Fähigkeit, nach dem Gewissen zu fühlen und zu denken, dem Bösen gegenüber zu reagieren, auf sich eine persönliche Verantwortlichkeit zu übernehmen" erklärte ihm ein Funktionär. "In diesem Zusammenhang kann man jene Leute für Gerechten halten, die unter Völkermorden oder Verbrechen gegen die Menschheit Menschenleben retten, den Verfolgten helfen, die Menschenwürde bewahren, die Wahrheit und das Andenken beschützen. Viele waren und sind die Gerechten unter den Völkern; aber an viele von ihnen wird leider nicht einmal erinnert oder noch viel schlimmer werden sie sogar vergessen".

Ein anderer Funktionär erzählte ihm von den vielen Problemen, die dem Yad Vashem Hauptgründer Moshe Bejski vorkamen, als er entschieden hatte, sich der Bewertung und Erinnerung an die guten Menschen, d.h. der Gerechten zu widmen. Oft hatte er sich mit der Undankbarkeit der Überlebenden nicht einig gefunden und hatte viele, manchmal unglaublich komplizierte Moralprobleme überwinden müssen, wo die Bestimmung oder Verleugnung des Titels "Gerechte unter den Völker" in Frage kam.

Er hatte z.B. seine persönliche Schuld an Schindler, seinen Retter, bezahlt, als er eine Gegenstrom-Kampagne führte, damit er als "Gerechte" anerkannt werde, trotz seiner Zusammenhänge mit den NS bevor er dank dem Betrug seiner berühmten Liste ein tausend zweihundert Juden den Gaskammern entriß und trotz seiner Fehler und Widersprüche eines unordentlichen, dem Trunk und den Weibern verfallenen Menschen.

Grundproblem war das: konnte man z.B. einen für Gerechten halten, der einen Juden gerettet hatte und dann einen anderen Menschen umgebracht hatte; oder aber: eine Frau, die einige Verfolgten bei sich zu Hause versteckte, aber sich mit NS-Offizieren prostituierte; oder noch, der Zehnten Juden in Polen gerettet hatte, obwohl er nie aufgehört hatte, Antisemit zu sein?

Konnte man einen Menschen für "Gerechten unter den Völkern" anerkennen lassen, der eine oder mehrere Juden geholfen hatte, aber zum Austausch Geld oder anderes verlangt hatte, oder einen Juden gerettet, nur weil er/sie in ihn/sie verliebt war? Galt mehr die Absicht oder das Ergebnis?

Bejski hatte unter den vielen Kriterien zur Titelanerkennung auch das Prinzip der innigen Konsequenz der Beistandstat eingeführt, das durch echten humanitären Geist bestimmt werden soll, ohne jedoch darum die absolute Konsequenz in den Aufführungen des Helfers zu verlangen, dem alle Milderungsumstände vom menschlichen oder persönlichen Standpunkt aus anerkannt werden können.

Der Kommissionspräsident hatte mehrmals verweigert, als "Gerechten" den Primaten der orthodoxen Kirche in Ukraine zu anerkennen, der jedoch die ganze Familie eines jüdischen Rabbis in sein Haus versteckt und gerettet hatte, aber in der Öffentlichkeit kein einzelnes Wort sagte, um die NS-Verfolgung der Juden zu verurteilen, die sich in Ukraine unter seinen eigenen Augen zutrug.

Aber Bejski hatte problemlos den Titel "Gerechten" einem Offizier des ungarischen Heers anerkannt. Dieser kollaborierte mit den NS, aber die in einem KZ für Zwangsarbeiten internierten Juden dem Tod entrissen hatte; somit hatte er sich dem Deportierungsbefehl entgegengesetzt, den die deutschen KZ-Überwacher zwecks ihrer physischen Vernichtung verordnet hatten.

Von diesen Beispielen erleuchtet, fragte dann Thaddäus, was unternommen werden sollte, um einem Mann die Qualifizierung "Gerechten unter den Völkern" zuschreiben zu lassen. Beantwortet wurde ihm, daß zur Individualisierung der "Gerechten unter den Völkern" auf Grund der Zeugenaussagen der geretteten Juden die "Gerechtenkommission" des Instituts für das Gedächtnis der Märtyrer und der Helden der Shoah Yad Vashem zuständig war.

Man erklärte ihm, wie das Gesuch auszufüllen und man wies ihn darauf hin, daß je mehr Zeugnisse man hätte sammeln können, um so leichter wäre es so gewesen, diesen Titel zuschreiben zu lassen.

Anfangs dachte er daran, daß sein Wolfgang diese Anerkennung verdient hätte, dann dachte er, daß er sie verdiente; als sie in der Vergangenheit über die Shoah diskutierten, machte sich Wolfgang tatsächlich Vorwürfe, ihn, nur ihn gerettet zu haben, weil er in ihn verliebt war und keine anderen sonst; daher handelte es sich dabei um keine echte Humanität sondern um eine Art Egoismus.

Es spielte keine Rolle, daß ihm Thaddäus gesagt hatte, daß es um keinen Egoismus ging, wenn man jemanden aus Liebe rettete, da Liebe von Natur aus Egoismus ausschließt.

Also fiel es dem Thaddäus etwas ein: Wolfgangs Vater hatte faktisch nicht nur ihm das Leben gerettet, sondern auch mindestens anderen vierzehn Juden, darunter denjenigen, die er in seiner Villa hatte verstecken lassen, sowie auch denen, die in der Druckerei arbeiteten, von denen einige noch lebten... Es war also möglich, ihre oder ihrer Kinder Zeugenaussagen zu sammeln, wenn sie zu Hause davon gesprochen hatten.

Es traf zu, daß des Barons erste Triebfeder bei den Arbeitern in seiner Druckerei der wirtschaftliche Nutzen und bei den anderen neun, die er in den Dachstuben der Villa akzeptiert hatte, der sexuelle Trieb dem Thaddäus gegenüber war... aber sowohl als er sie beschützte, als auch als er sich bei sich zu Hause versteckte, hatte der Baron sein eigenes Leben sowieso aufs Spiel gesetzt.

Dem Thaddäus nach gab es sich "Humanität" im Herzen des Barons Herman-Lothar von Schlegel. Jedenfalls hatte sich der "Austausch" zwischen ihm und dem Baron privat zugetragen, es war also eine ganz private Angelegenheit, die nicht ans Licht kommen durfte.

Daher beschloß Thaddäus, damit sofort anzufangen, um dem Baron die Qualifizierung "Gerechten unter den Völkern" erweisen zu lassen und begann, die nötigen Zeugenaussagen zur Unterstützung seiner persönlichen Aussage zu sammeln.

Als er davon mit Wolfgang sprach, wurde dieser tief überrascht.

"Thaddäus, du bist sehr süß und großmütig, daran gedacht zu haben und ich bedanke mich dafür recht herzlich, aber... glaubst du wirklich, daß mein Vater solche Beehrung verdient? Daß ein Mann wie er ein Gerechter war?

"Sicher glaube ich es. Aber nicht nur zum Andenken an deinen Vater. Wir müssen es machen, damit es allen ein Beispiel sei, damit aus welcher Begründung auch immer alles Bestmögliche unternommen wird, um allen Verfolgten Schutz zu bieten. Die innerliche Begründung wird der Herr selbst lesen und beurteilen, dafür sind wir Menschen unzuständig. Was für uns gelten muß, ist das Ergebnis. Dein Vater hat das Leben mehr als einer Dutzend Juden gerettet, außer mir".

"Er hat nie mindestens an eine Opposition gegen das NS-Regime gedacht... Er hat immer versucht, auf den Siegerkarren zu springen. Auch sein Tod ist alles in allem mindestens teilweise vorgekommen, denn er versuchte, sich bei den Russen beliebt zu machen...".

"Als dein Vater sich mit meinem Vorschlag einverstanden erklärte, Joachim Hirsch und die drei Eberstark, di drei Heilbronner, Jacob Kantor und Benjamin Kohn in seiner Villa aufzunehmen, war der Siegerkarren noch der der NS, sah die deutsche Niederlage noch ferne aus. Dein Vater war davon bewußt und trotzdem akzeptierte es das Risiko...".

Thaddäus konnte endlich Wolfgang überzeugen. Sobald sie dann nach Deutschland zurück waren, begannen beide, auch mit Beistand des Jörg Eberstark und seines Liebenden die anderen Überlebenden und ihre Nachkommen und Verwandte zu suchen, um ihre Zeugenaussagen dem Baron zu Gunsten zu erzielen.

Thaddäus fand Benjamin Kohn auf, der jetzt in Amerika lebte und besuchte ihn in Harrisburg, wo der Mann mit seiner Frau und den Kindern lebte.

Als sie allein blieben, sagte ihm Benjamin: "Ja, es stimmt, ich bin dem Baron meines Lebens schuldig, und bedauere es sehr, daß er von den Russen umgebracht wurde, nach allem verdiente er jenen Tod nicht... Aber, siehst du, ich bin einer Sache bewußt, die du vielleicht nie gewußt hast... ich fühle die Moralverpflichtung, dir jetzt mitzuteilen... was sicher nicht für ihn zu Gunsten spricht...".

"Was, Benjamin?" fragte ihn Thaddäus, der eine Weile gedacht hatte, er wüßte, wie sich der Baron mit ihm unterhielt".

"Erinnerst du dich an Abram, den jüdischen Jungen, der in seiner Druckerei arbeitete? Bevor er uns in seiner Villa versteckte, erfuhr ich von Abram, der Baron habe ihn beeinträchtigt... habe versucht, ihn zu überzeugen, mit ihm frauenweise zu liegen... Der Baron war homosexuell!".

"Ach, nein, das wußte ich nicht! Und Abram?... hat er den Barons Ansprüchen nachgeben müssen?

"Nein, das nicht. Abram sagte ihm klar, er ziehe vor, zum KZ zurück, obwohl das ihm fast sicherer Tod heißen konnte... also bestand der Baron nicht weiter. Ich wußte das, denn Abram selbst hatte mir davon gesprochen, auch wenn ich davon mit den anderen vor heute habe sprechen wollen. Als Karl zu mir kam und mir sagte, der Baron wolle uns in seiner Villa verstecken, befürchtete ich, er möge die gleichen Absichten dem Karl gegenüber oder noch mehr mir gegenüber haben. Alles in allem war ich einundzwanzig und ohne falsche Bescheidenheit war ich davon bewußt, ein ziemlich gefallender Junge zu sein...".

"Aber hat er nie mit dir oder mit Karl versucht?".

"Nein, nie. Aber verstehst du, in meiner Aussage sollte ich ehrlich erklären, der Baron war homosexuell...".

"Aber welche Bedeutung kann es haben, falls er niemanden gezwungen hat, in sein Bett zu kommen?".

"Ein Gerechter muß sich in Gottes Gegenwart als Heiliger aufführen und man kann nicht sagen, daß der Baron so... heilig war".

"Daß ein Mensch in Gottes Gegenwart heilig sei oder nicht, das kommt nur der Herr daran, zu beurteilen, Benjamin, nicht wir. Auf jeden Fall, hat er vielleicht dein Leben und anderer von unseren Brüdern auf Gefahr seines eigenen Lebens nicht gerettet? Und ohne was von niemandem von uns zum Austausch zu erfordern?".

"Ja, das trifft zu".

"Deshalb, Benjamin, fühlst du nicht dazu verpflichtet, ihm irgend wie Dank zu sagen, da er dir das Überleben gestattet hat und daher, auch indirekt deine Frau kennenzulernen, dieses schöne Haus zu bekommen, schöne, gute, gesunde Kinder zu haben? Auch wenn ein Mann homosexuell ist, ist er doch immer ein Mensch, ein Lebewesen, ein Gottes Geschöpf. Einverstanden, er begiert andere Männer. Einverstanden, die Schriften sagen, dies ist Abscheu. Aber im Falle des Barons, wie viele Leute hat er gerettet, und nicht, um sie ins Bett mitzunehmen?".

"Nun gut, hier hast du Recht. Einverstanden, Thaddäus, es geht: ich werde meine Zeugenaussage ihm zu Gunsten leisten".

"Deine Zeugenaussage ja, aber nicht ihm zu Gunsten: der Gerechtigkeit zu Gunsten, Benjamin, und im Namen der Dankbarkeit".

"Aber sag mir mal an, Thaddäus, hat es der Baron auch mit dir versucht, oder? Du warst ein schöner Junge, viel schöner als ich: und du bist auch jetzt ein schöner Mann. Hat er zufällig nicht auch mit dir versucht?".

"Er hat mir sein Begehren verstehen lassen, es stimmt. Aber er hat mich immer respektiert, ohne mich zu zwingen, was gegen meinen Willen zu machen" sagte Thaddäus langsam nach aufmerksamem Abwägen der Worte seiner Antwort.

Denn einerseits wollte er nicht lügen, andererseits aber dem Benjamin mit seiner stumpfsinnigen Mentalität verraten, was sich eigentlich passiert hatte. Jedenfalls traf es zu, der Baron hatte ihn nicht gezwungen, gegen seinen Willen vorzugehen... Er hatte den Ansprüchen des Manns nachgeben "wollen", zum Zwecke, seine Glaubensgenossen zu retten, den sittenstrengen Benjamin eingeschlossen.

Alle Zeugenaussagen wurden also gesammelt, um das gesamte Material nach Jerusalem zu schicken. Die Kommission überprüfte lange die ganze Dokumentation der von Schlegel Akten, eingeschlossen die Benjamins Erklärung zur Barons Homosexualität.

Auch Abram wurde gefragt. Er lebte in Israel und bestätigte alles, was Benjamin erklärt hatte: mit ihm hätte der Baron was versucht, aber vielen Tagen Bestehen hatte er schließlich seine Verweigerung akzeptiert, ohne sich zu rächen, und hatte ihm gestattet, in der Druckerei weiter zu arbeiten, so daß er sein Leben hatte retten können.

Nach weiteren, langwierigen Diskussionen entschied die Kommission schließlich, auch dem Baron Herman-Lothar von Schlegel den Titel "Gerechte unter den Völkern" zu verzeichnen.

Zu dieser Gelegenheit kamen nach Jerusalem zu dieser Gelegenheit Wolfgang und Thaddäus, so wie auch Jörg und sein Dawid, um im Gerechtengarten der Widmung eines Baums mit dem Namen des Barons beizustehen und Wolfgang war sehr erschüttert, als man ihm die Denkmünze und das Zeugnis zum Andenken seines Vaters überreichte.

Nach Ende der Feier besuchten die vier Freunde gemeinsam die wichtigsten Ortschaften der ganzen Geschichte Israels. Da Jörg und Dawid betraten Israel zum ersten Mal und waren darauf besonders erschüttert.

Jörg bedankte sich sehr bei seinen Freunden, ihn und seinen Liebenden auf diese Reise eingeladen zu haben: "Mein Dawid hat ein großes Wohlsein für seine Seele bekommen... und vielleicht sind seines Herzens Wunden jetzt fast vernarbt".

Schließlich kamen alle zu viert nach Deutschland zurück.

Als sie zu Hause waren, sagte Wolfgang an Thaddäus: "Beim Lesen der englischen Eintragungen der verschiedenen Zeugenaussagen habe ich entdeckt, daß auch mein Vater homosexuell war, oder zumindest bisexuell, aber das spielt für mich keine Rolle. Aber ich hätte es mir nie vorgestellt".

"Stört dich das?".

"Nein, sicher nicht, wie könnte es mich stören? Sagt man vielleicht nicht: wie der Vater so der Sohn"? antwortete mit selbstironischem Lächeln Wolfgang. Jedoch fragte ich mich: wenn er es mit Abram versucht hat, wie er ausgesagt hat... hat er es vielleicht auch mit dir versucht? Du warst viel schöner als Abram und viel leichter... zu seiner Verfügung, denn du lebtest in seinem Hause".

"Ja, er hat es versucht".

"Wenn... wenn du seinen Ansprüchen nachgegeben hast, schiebe ich die Schuld nicht auf dich. Alles in allem, war Abram nicht homosexuell, also war sein Verweigerung natürlich, aber bei dir...".

"Ich war in dich verliebt, ich habe dich immer geliebt. Dich verraten war für mich undenkbar, hätte es mir auch das Leben gekostet..." fing Thaddäus an, zu beantworten.

"Deshalb hat es meinem Vater nicht geklappt, dich in sein Bett mitzunehmen..., oder in deins zu kommen" sagte Wolfgang.

Für eine Weile blieb Thaddäus unsicher, aber eins ist zu schweigen, anders zu lügen und wenn er bis dahin geschwiegen hatte, konnte er jetzt vor einer so ausdrücklichen Frage nicht lügen.

"Wolfgang, nachdem dein Vater mir alle falschen Papiere schuf und mich als sein Autofahrer arbeiten ließ, kam er einer Nacht zu mir, zum Raum der Schlafzimmer der Diener, und ließ mir klar verstehen, was er von mir wollte.

"Wenige Tage vor jener Nacht, als ich einige Aufgaben für ihn erledigte, traf ich Joachim Hirsch und Ruth Heilbronner auf der Straße. Ich sah ihren elenden Hunger- und Furchtlebenszustand, als ihnen die Bedrohung bevorstand, gefaßt und in die KZ zu den Vernichtungslagern geschickt zu werden. Sie waren zu arm, um sich ein sicheres Geleit zu hohem Preis schaffen zu können.

"Jene Nacht, als dein Vater in mein Schlafzimmer kam und mir sagte, er wolle mit mir liegen, sagte ich ihm nein. Er bot mir Geld, Geschenke usw. Er berührte die Saite der Dankbarkeit, die ich ihm verdankte... aber ich sagte ihm weiter nein, weil ich in dich zu verliebt war. Ich fragte ihn, wie er sich so etwas machen konnte, nicht nur an mich, sondern auch an dich, seinen Sohn, da er wohl wußte, wie du mich liebtest.

"Er bestand nochmals darauf... ohne mich jedoch zu drohen. Für mich war es sonnenklar, daß er mich auch weiter versteckt hätte, auch nachdem ich ihm nein gesagt hätte, wie wir wissen, er hat auch mit Abram gemacht, auch wenn ich damals nicht wußte, daß mein Vater es auch mit ihm versucht hatte... Als mein Vater mir sagte, ich war nach allem glücklich, von ihm beschützt zu werden, da sich damals in Oranienburg noch einige Juden gaben, die riskierten, plötzlich verhaftet zu werden...

"Da erinnerte ich mich an Joachim, Ruth und ihre Familien... und schlug daher deinem Vater einen Austausch vor: hätte er neun Juden in der Villa versteckt, wäre ich wunschgemäß in sein Bett gegangen... und dein Vater erklärte sich mit diesem Austausch einverstanden. So versteckte er meine Freunde, alle neun, in den Dachstuben bis zum Kriegsende.

"Ich habe es dir nie vorher sagen wollen und bedauere es. Ich hatte die Absicht gehabt, es dir zu sagen, wenn und falls wir uns hätten wiederverbinden können, denn ich habe mit dir kein Geheimnis halten wollen. Aber als ich sah, wie man deinen Vater umbrachte... da änderte ich meine Meinung. Ich dachte, es wäre aus zwei Gründen unrichtig gewesen, es dir zu verraten: erstens, weil ich wollte nicht, daß du eine schlechte Erinnerung an deinen Vater und Groll zu ihm bekamst, zweitens, weil er sich somit nicht hätte verteidigen können, um dir zu erklären, sich vor deinen Augen zu rechtfertigen.

"Nur aus diesem Grunde habe ich dir nie was gesagt. Aber heute abend hast du mich in der Lage gestellt, nicht mehr schweigen zu dürfen: entweder hätte ich weiter lügen sollen, oder dir alles sagen, wie ich entschieden habe, denn ich darf mit dir nicht mehr lügen".

"Hast du dich nicht davor gefürchtet, Thaddäus, daß ich von dir hätte so enttäuscht zu sein, dir zu sagen, daß ich nicht mehr dein Liebender sein wollte?" fragte ihn Wolfgang ernst aber nicht streng.

Thaddäus schaute ihn etwas überrascht an, dann lächelte: "Ich habe es nie bezweifelt, nicht einmal einen Augenblick, daß du mir nie deine Verzeihung und deine Liebe verleugnet hättest, auch wenn du meiner Wahl wegen schmerzerfüllt wärst".

Auch Wolfgang lächelte. "Ich habe nichts, dir zu verzeihen und werde dir nie meine Liebe leugnen. Du hast gerechtigkeitsgemäß verhandelt, und durch die Liebe zu deinen Glaubensgenossen, daher ist hier nichts zu verzeihen. Du hast einen richtigen Austausch vernommen, auch wenn schmerzlich für dich: deinen Körper zur Rettung von neun Menschenleben benutzen zu lassen. Hättest du die gegenteilige Wahl getroffen, dann ja hätte ich dich verzeihen müssen, jedenfalls dich gerne weitergeliebt...".

Thaddäus umarmte und küßte ihn lange: "Ich wußte es... ich wußte es, jedenfalls danke ich dir für diese schönen Worte. Dein Vater war auf alle Fälle kein böser Mann, das mußt du wissen. Er hat meinen Körper benutzt..., aber ihn nie mißgebraucht. Sicher, hätte ich eine andere Wahl treffen können, dann hätte ich diese Benutzung nicht vorgezogen...".

"Weißt du was mir von dir gefällt, Lieber?" fragte ihn Wolfgang und streichelte ihn zart.

"Mein Leib, obwohl ich schon neunundfünfzig bin?" fragte Thaddäus lächelnd.

"Auch, sicher. Aber was mir gefällt, und obwohl ich dich... seit zweiundvierzig Jahren kenne, ist daß ich jeden Tag mehr den wunderbaren Mann in dir entdecke, der du bist. Dein großes Herz. Wie liebefähig du bist, und nicht nur zu mir...".

"Aber ich liebe dich mehr als irgend wen sonst..." flüsterte ihm Thaddäus ins Ohr und fing an, seinen Geliebten auszuziehen.

"Ja, ich weiß es... auch mehr als dich selbst" antwortete Wolfgang, der seinerseits anfing, seinen Geliebten... seinen liebenden Jungen ebenfalls auszuziehen.

"Und du, Wolfgang, du bist de allerbeste und -süßeste Mann, den ich je mal hätte treffen können. Und denke, als du jene Nacht in der Dachstube mir sagtest, du warst in mich verliebt, denke, daß ich deine Liebe nicht akzeptieren wollte, mindestens nicht physisch...".

"Und jetzt?".

"Du weißt schon, ich kann nicht mehr auf dich verzichten... dich in mich aufzunehmen..., denn ich liebe dich und benötige, daß du es mir durch deinen Leib es beweisest, daß du mich weiter lieben wirst...".

Wolfgang nahm in seine Armen den reifen aber noch schönen Leib seines "Jungen" und ließ ihm seinen steifen und harten Penis in die Backen rutschen, und stieß leicht in der Suche nach dem Loch. Thaddäus lächelte ihm an und bewegte sich leicht, um ihm die Aufgabe zu erleichtern, schließlich nahm er ihn in sich auf.

"Oh, mein Geliebter! Jeweils du in mich kommst, fühle ich mich ergänzt!".

"Ich auch, mein Thaddäus".

Sie schwiegen, aber dabei sprachen nur ihre Körper. Sie schenkten sich einander mit einer Mischung von Vergnügen und Aufregung. Obwohl sie sich seit mehreren Jahren einander liebten, waren sie angenehm überrascht, noch eine solche Aufregung zu erleben, jeweils sie sich vereinten.

Als sie endlich glücklich, befriedigt und mit einander schwach umarmt lagen, sagte Wolfgang dem Thaddäus: Kannst du mir mal erklären, wieso allerdings intelligente, gute, auch intellektuell ehrliche Leute eine schöne Liebe wie die Unserige verachten? Ich kann die Verachtung, den Haß stumpfer, scheinheiliger, oberflächlicher, heuchlerischer Mentalitäten verstehen... Furcht vor dem Irren".

"Siehst du, Wolfgang, wenn man seine eigenen Überzeugungen in Frage stellt, auch von Zeit zu Zeit, ich sage nicht ununterbrochen, nimmt eine erhebliche Anstrengung in Anspruch, in Begleitung vieler Ungewißheiten und Unsicherheiten... Befürchtungen. Ich selbst, wenn man vor kurzem sagte, bin eben durch diese Phasen gekommen, als ich unfähig war, deine auch physische Liebe zu akzeptieren, und es war weder leicht noch erfreulich, zu verstehen, was richtig war, zu tun".

"Aber du hast es machen können" sagte ihm Wolfgang "und du kannst es weiter machen. In deinen Überlegungen, in deinen Wahlen, versuchst du immer, das Richtige zu tun, auch wenn du es persönlich büssen mußt... und du befürchtest es nicht, zu irren, du nimmst deine Grenzen an, deshalb kannst du sie überwinden".

"Aber es ist nicht so leicht... und um so später man anfängt, desto schwieriger es ist. Sicher, je mehr man versucht, diesen Prinzipien gemäß zu leben, desto weniger schwieriger es wird. Es ist so wie man sich auf die Marathon trainiert: anfangs bleibt man atemlos und mühelos nach kurzer Strecke stehen; dann, wenn er weiter trainiert, kann er eine längere Strecke rennen, dann noch etwas mehr, bis er schließlich die ganze Marathonstrecke fertig rennt, ohne sich zu müde zu fühlen".

"Ja. Man lehrt uns, gute Ärzte, Schriftsteller, Kochen, Maler zu werden... aber niemand lehrt uns, wirkliche Menschen zu werden, niemand lehrt uns, was bedeutet, wirklich zu lieben... Jemandem gelingt es, allein zu lernen, durch die Lebensunterrichte oder mit verständigem Lehrer... aber jemandem gelingt es nicht" stimmte Wolfgang zu.

"Wer seit Kindheit her nie geliebt wurde, der wird als Erwachsene schwer wissen, wie zu lieben. Ich sage nicht unmöglich, aber nur schwer. Es ist ein wenig, wie man eine Sprache gut lernen will: wenn niemand sie dich unterrichtet, kannst du sie nicht richtig lernen. Und um so später du beginnst, desto weniger gelingt es dir, sie zu lernen".

"Unter diesen Umständen warum könnte unser Verlag Lehrmittel zum Lernen nicht veröffentlichen, um ein wirkliches Menschenwesen zu werden?".

"Teilweise machen wir es schon. Aber siehst du, wenn wir mit dem Lernen von Fremdsprachen weiter gehen... ein Buch um Englisch zu lernen verkauft sich wie ein Brot. Ein Buch um Tagalog zu lernen, kauft fast niemand, denn man weiß sogar nicht, was für eine Sprache Tagalog ist, man weiß es sogar nicht, daß es sich eine solche gibt und jedenfalls man denkt, es gäben sich viel wichtigere Sachen, als Tagalog zu lernen, z.B., wie ich sagte, Englisch zu lernen".

"Aber sollten alle denken, daß Tagalog nützlicher ist als Englisch?" entgegnete Wolfgang.

"Da Problem steht eben darin: die Leute verstehen lassen, daß es schön, nützlich und richtig ist, um Arzt oder Maler zu werden, aber noch viel schöner, nützlicher und richtiger ist, um bessere Menschen zu werden.. Das ist nicht leicht, denn es heißt, gegen Strom zu schwimmen".

"Aber jemand müßte doch anfangen, was? Warum fangen wir nicht damit an? Lasset uns mit diesem Ideal einverstandene Autoren finden und sie um ihre Werke bitten, seien es Romane, Essays, Bilderstreifen, Reportagen, Handbücher... irgend was, worin unterstrichen wird, daß Allerwichtigstes ist, zu lieben zu lernen".

"Es scheint mir ein guter Einfallen. Jedenfalls wird unser Verlag am Schlimmsten pleite gehen. Aber bis zu jenem Tag werden wir etwas Gutes gesät haben... und wenn wir das Geschäft schließen müssen, werden wir eine andere Arbeit finden. Wir haben sehr wenig zu riskieren" sagte Thaddäus mit lustigem, befriedigtem Lächeln.

"Warum benutzen wir weiter unseren Abkürzungsnamen und gründen wir einen neuen Verlag nicht, den wir z.B. Tagalog Verlag nennen können?".

Thaddäus lächelte: "Ja, dein Einfallen gefällt mir. Und in der letzten Seite jeder Veröffentlichung werden wir den Grund erklären, warum der neue Verlag diesen Namen gewählt hat".

Wenigstens sollten die Philippiner daran neugierig sein, glaubst du nicht?" fragte Wolfgang scherzend.

"Angenommen aber, daß sie Deutsch kennen" erwiderte Thaddäus weiter scherzend.

"Sollte es gehen, können wir dann dem Frank dank die erfolgreicheren Veröffentlichungen auch auf Englisch wiederholen".

Sie gingen derartig weiter mit ihren Plänen, halbumarmt mit einander in ihrem Bett, mit der gleichen Begeisterung eines zwanzigjährigen Paars.

DAS ENDE


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(Sorry, I can't speak German... Andrej)