USUAL DISCLAIMER

"MALGRÉ TOUT (TROTZ ALLEDEM)" is a gay story, with some parts containing graphic scenes of sex between males. So, if in your land, religion, family, opinion and so on this is not good for you, it will be better not to read this story. But if you really want, or because YOU don't care, or because you think you really want to read it, please be my welcomed guest.

MALGRÉ TOUT
(TROTZ ALLEDEM)
von Andrej Koymasky © 2011
am 8 Mai 1985 geschrieben
Deutsche Übersetzung: Mario Mosa
KAPITEL 5
FAHNENFLÜCHTIGEN

(NB: Worte Italienne geschrieben sind alle auf Deutsch ausgesprochen, eine Sprache die Jacques nicht versteht. Unterschriebene Worte sind auf Lateinisch und sind Teile der Liturgie).


Er wachte erstarrt auf. Das Tageslicht drang durch die Eröffnung der niedrigen Tür. Spärliche Sonnenstrahlen erleuchteten den engen Raum. Jacques stand auf sitzen und umhüllte die Decke um seinen Körper. Er sah den Tisch aus Stein mit seiner nassen Uniform darauf in unförmiger Masse angesammelt. Und sah , daß auf der Wand hinter dem Tisch ein Kreuz aus Stein gemauert war mit darauf einem breiten und niedrigen Christusbasrelief bildhauert.

Dann verstand er sofort, daß jener Tisch faktisch ein Altar war. Ein kleines Zimmer mit Altar und dem gegenüber eine wie ein Bett aussehende Plattform... Was konnte dann all das sein?

Jacques hatte weder von Einsiedeleien noch Einsiedlern mal gehört und konnte auch es nicht wissen, daß es sich bei jenem Bau um das Heiligtum handelte, wo zirka vierhundert Jahre zuvor ein Mönch mit Namen Sylvain gelebt hatte, der von den Bewohnern der Nebendörfer als Heiligen verehrten, aber die Kirche offiziell noch nicht heiliggesprochen hatte.

Auf dem Stützbalken der Türe war eine Inschrift eingeschnitten: "Hier hat Skt. Sylvain gelebt" aber Jacques hatte nie lesen gelernt.

Er kam von Plattform herab und barfuß kauf auf der kleinen Wiese heraus. Er sah, daß die kleine Zaunmauer faktisch einen Gang hatte, der ihm tags zuvor nicht aufgefallen war.

Die Sonnenstrahlen waren heiß; Jacques ordnete sich die Decke um die Seiten an, nur den Oberkörper frei haltend.

Er kam ins kleine Zimmer zurück, hob die Uniform vom Altare ab, brachte sie heraus, wrang sie wieder aus, stellte sie den Sonnenstrahlen aus, auf dem kleinen Mauer ausstreckend und sie glatt machend, um die Falten verschwinden zu lassen.

Das hohe und auf Erden weiche Gras war noch naß. Auch die Blätter der Bäume herum leuchteten mit flimmernden Wassertröpfen. Die Luft war rein, der hellblaue Himmel war noch hie und da mit Wolken bedeckt, die rasch westwärts rutschten, wie ob sie sich von der seit kurzem aufgestandenen Sonne zurückziehen wollten, vom Wind getrieben, den man auf Erdenniveau nicht bemerkte.

Jacques verstand, daß das Uniformtuch mehrere Stunden zum Trocknen in Anspruch genommen hätte, angenommen, daß die Sonne immer weiter geleuchtet hätte. Andererseits hatte es nicht gerne, jene feuchten Tücher anzuziehen. Er fühlte sich wohl so, halbnackt an offener Luft.

Er holte Atem tief. Die Sonne war am Aufgehen und wurde allmählich heißer. Der Herbst war mild und Jacques hoffte darauf, daß es in den nächsten Tagen nicht schon wieder zu regnen wieder anfinge.

Er fragte sich, ob es sich ihm lohnte, durch die Felder abwärts zu rennen, um die Situation feststellen zu können. Er konnte zwei verschiedene Umstände finden: entweder die Preußen, in diesem Falle mußte er sehr aufpassen, nicht erwischt zu werden, sonst hätte man ihn angeschossen; oder die französische Armee, in diesem Falle sollte er sich zeigen lassen, sich anerkennen lassen und sich ihnen vereinen, aber er war nicht ganz sicher, es machen zu wollen: entweder hätte man ihn wieder zur Front zur Krieg geschickt, zu töten oder sich töten zu lassen - und weder die eine noch die andere Sache sagte ihm zu.

Daher beschloß er in seinem Herzen, sich als Fahnenflüchtigen zu erklären, solange es ihm gedauert hätte. Obwohl er es wußte, daß er so riskierte, umgebracht zu werden: der Sergeant hatte es ihm klar erklärt: Fahnenflüchtigen wurden an die Wand gestellt.

Letzten Endes konnte er eine dritte Möglichkeit finden: er konnte glücklich sein und weder die eine noch die andere Armee finden. Aber wie hätten ihn die Dorfsbewohner aufgenommen? Hätte man ihn für einen Deserteur gehalten und als solchen angezeigt? Oder aber hätte man ihm verholfen? Oder...

Jacques bekam einen Augenblick den Eindruck, daß die ganze Welt plötzlich sein Feind geworden war und erlebte ein intensives Verlegenheitsgefühl.

Nein, dachte er, sollte er normale Leute finden, dann mußte er ihnen die einfache Wahrheit erklären, was sich eigentlich passiert hatte und sagen, auch lügend, daß er die französische Armee erreichen wollte und vielleicht hätten ihm die Leute verholfen. Er hätte gefragt, wo die Franzosen waren und wo die Preußen waren, mindestens um sich richtig zu verhalten...

Aber das Ideal wäre so gewesen, daß er Zivilkleider finden könnte, um das Gewehr, die Uniform, den Tornister wegzulassen - und all das, was ihn als einen Militär erkennen lassen könnte.

Gründlich gesagt, was konnten die Leute wissen, daß er Patron Sylvester ersetzt hatte? Er konnte einer der Glücklichen genug gewesen sein, die nicht ausgelost wurden, er konnte irgend eine Arbeit irgend wo finden und ruhig leben...

Als die Sonne den hohen Spitz erreichte, drehte er die Uniform auf der Mauer um, damit sie sich auch an der anderen Seite trocknete. Er zog sich die Decke von den Seiten aus und blieb ganz nackt, zog den Tornister aus dem niedrigen Bau, wo er übernachtet hatte, nahm etwas Speise, die er langsam aß. Er trank etwas Wasser und legte alles wieder ab.

Der Tornister war jetzt zwei Drittel voll. Er hatte noch für wenige Tage zum Essen, aber früher oder später wäre er ernährungslos geblieben.

Er hatte keine mindeste Ahnung, in welcher Richtung sein Dorf sich hätte befinden können. Aber er wußte, daß er nie hin zurückkommen konnte, sonst hätten alle Leute gewußt, daß er ein Deserteur war. Besser es glauben zu lassen, daß er an den Toren von Épinal zusammen mit seinem Freund Michel gefallen war.

So aber hätte er weder seinen Sylvestre mehr gesehen, es traf zu, noch seine Familie... Aber Jules hätte seine Stallknechtstelle bewahren können und seine Familie hätte besser gelebt. Vielleicht hätte seine Mutter seinen Tod beweint, noch mehr ganz gewiß. Aber alles auf einem war es besser so.

Noch mehr dachte er, wäre zufällig er von der französischen Armee gefunden, konnte er sagen, daß er Michel Lacroix hieß... Nein, wahrscheinlich hätte jemanden bekannten gefunden, oder der mit Michel bekannt war... vielleicht sogar Sylvie... und sein Betrug würde somit entdeckt.

Nein, er sollte sich einfach weder von der französischen Armee noch von den feindlichen Preußen finden lassen. In jeder Hinsicht, wenn er nicht sterben wollte, mußte er als Tot resultieren... dachte er mit bitterer Ironie.

Gegen Abend war die Uniform auch in den dicksten Stellen trocken, so zog er sie wieder an. Er faltete wieder die Decke und rollte sie eng, band sie fest am Tornister, hinter dem er die fast leere Feldflasche zuhakte. Er zog die dicken, schweren Schule wieder an, nahm das Gewehr in den Armen und nachdem er den Feldweg wiederfand, stieg er talwärts hinunter zurück.

Am Abend begann er durch die Bäume die Ebenenwiesen durchzusehen. Er hielt mit klopfendem Herzen an und blickte hin. Die ganze Ebene unter ihm war von Feuern und Soldatengruppen bestreuet. Etwas ferner waren die bedeckten Kanonen, Militärzelte, die an den Bäumen gebundenen Pferde.

Er war fast sicher, daß es sich dabei um die französische Armee handelte, obwohl ihm die drohende Nacht nicht gestattete, weder die Farben der Uniformen noch die Fahnen zu unterscheiden. Auf jeden Fall, wären es Franzosen oder Preußen gewesen, mußte er in den Wald zurück, sich entfernen, bevor zu riskieren, daß man ihn entdeckte.

In der zunehmenden Finsternis bestieg er den Feldweg aufwärts zurück. Er versuchte, sich so meist als möglich zu entfernen, bis es ihm fast unmöglich war, den Weg zu unterscheiden. Er wollte halten und einen Punkt zur Übernachtung suchen, als er bemerkte, daß er schon wieder am niedrigen Bau war, wo er die vorherige Nacht geschlafen hatte.

Er kam wieder in die kleine dunkle Zelle und streckte sich aus, ohne sich auszuziehen. Der Schlaf nahm sofort seine müden Glieder auf.

Jene Nacht träumte er. Er sah seinen Sylvestre wieder, nackt an der Sonne, aber er war nicht neben dem Teich, sondern da draußen auf der kleinen, von der niedrigen Mauer umhüllten Wiese. Er sah auch sich selbst dort innen nackt schlafen, von der Morgensonne erleuchtet. Er träumte davon, daß Sylvestre ihn rief und aufwachte. Er träumte, daß er hinausging und sich zu seinem jungen schönen Patron begab, daß dieser ihn erwartete und aufstand, daß er den Sylvestre in seine Arme nahm , ihn drehen ließ und von hinten nahm, daß er sich an ihn anlehnte und nur dadurch ihn penetrierte, wie ob es mit ganzer Einfachheit und Selbstverständlichkeit vorkommen mußte. Und er wurde sofort vom Vergnügen angegriffen, ein intensives, sehr schönes, wonniges Vergnügen.

Er kam so, bewegungslos, durch die einfache Tatsache, sich seinem Geliebten vereint zu haben. Und als er lächelnd den Sylvestre nochmals umdrehen ließ, so angenehm heiß und nackt in seine Arme, dann stellte er fest, daß es jetzt Michel war, ebenfalls nackt, mit seiner schönen zerrissenen und blutigen Brust...

Jacques wachte zitternd und erschrocken auf. Es war noch dunkel. Er fühlte seine Hose etwas feucht vorne. Er hatte eine Nachtpollution gehabt. Sein Herz klopfte ihm gewaltig in der Brust.

Die Türöffnung war kaum unklar zu erkennen. Er stand auf und ging hinaus. Die frische Nachtluft ließ ihn leicht schaudern. Er erblickte den Sternenhimmel und sah die Sterne tausendweise und beruhigte sich.

"Es war bloß ein Traum" sagte er sich halbstimmig, froh darauf, den Klang seiner eigenen Worte zu hören.

Dann sprach er weiter, immer die Sterne erblickend: "Ade, mein Sylvestre, ade, mein Michel! Heute nacht habe ich endlich die Liebe mit euch gemacht! Auch wenn es nur im Traum war!... Aber es war so reell! Vielleicht seid ihr wirklich zu mir zum Besuch gekommen, und ihr wart in einen einzigen Körper geschmolzen, den ihr meinem Begehren, meiner Liebe geboten habt. Ich liebe euch, Michel und Sylvestre! Wer weiß, ob ich euch mal wiedersehen werde, mindestens im Traum?".

Er schwieg. Er ersehnte tief nach seinem Traum, dann kam wieder zum niedrigen Bau, um weiter zu schlafen. Er lehnte sich an die Wand an, fast wie ob er einen Raum seinen Geliebten lassen wollte, so daß sie sich neben ihm ausstrecken könnten. Er schlief ein, im Gefühl, sie beiden noch mit sich neben ihm zu haben, in geheimnisvollem Schmelzen in einem.

Als er wieder aufwachte, war die Sonne schon auf. Er ging hinaus und reckte sich lange, mit tiefem Atmen. Er nahm wieder seine Sachen mit, folgte dem Feldweg, kletterte hinauf durch den Wald, bis der Feldweg verschwand und im steilen Boden verschwamm. Er stieg noch weiter hinauf durch die Bäume und Busche und lief den ganzen Tag; er hielt nur an, zum Essen und um wilde Kräuter und Früchte zu sammeln. Er fand ein Bach und erfüllte die Feldflasche wieder. Nachts fand er eine gute Stelle zum Schlafen. Dann nahm er am nächsten Morgen seinen Weg wieder.

Er hielt wieder an, um ein Teil der noch bewahrten Speise aus dem Tornister zu essen. Die Vorratshälfte war schon fertig. Wie üblich, aß er langsam und kaute jeden Bissen sorgfältig, auf dem Boden sitzend.

Plötzlich zog ein Geräusch seine Aufmerksamkeit an. Er hörte zu kauen auf und spitzte aufmerksam und leicht besorgt die Ohren. Das Geräusch wiederholte sich und er verstand seine Ursache: es kam von ihm gegenüber, etwas unten, wo einige Laubzweigen sich bewegten. Er hörte nochmals das Geräusch fußgetretener Zweigchen und verstand, daß jemand von dort aufstieg. Er sammelte seine Sachen mit, stellte sich den Tornister auf die Schulter, nahm das Gewehr mit und suchte ein Versteck. Er sah einen großen Baumstamm tot, gebrochen, groß genug, um ihn zu decken. Er legte sich an ihn an, hielt das Atmen auf und preßte das Gewehr nervös.

Das Geräusch näherte sich an. Es mußte nur ein Mensch sein. Aber wer? Freund oder Feind? Mann oder Frau? Jung oder Alt? Er wartete mit klopfendem Herzen, das Blut schlug ihm taub in den Schläfen. Jetzt waren die Geknister sehr nah. Jacques preßte noch stärker das Gewehr, fast um eine Art Sicherheit davon zu bekommen. Er war dabei, anzukommen.

Er mußte fast baumgeschützt sein. Wovon würde er kommen, von rechts oder von links? Sollte er jetzt hinaus, um ihn zu erwischen, oder darauf hoffen, daß er dort abseits käme, ohne ihn zu sehen, so daß er sich darüber im klaren würde, wer er wäre? Und vielleicht ihn von hinten erwischen?

Das Geräusch kam jetzt von der linken Seite des toten Baumstamms. Jacques war bereit, hinauszuspringen, noch mehr, sie sahen sich einander zugleich.

Ein Preuße!

Jacques richtete das Gewehr auf ihn und schrie: "Halt!".

In den Augen des anderen las er Terror. Also bemerkte er, daß er ein Jüngling war, nicht älter als achtzehn, ein Blonde, der ihn an die Goldmünzen von Patron Teissier erinnerte, mit aufgerissenen Augen. Er war nacktköpfig, hatte weder Waffen noch Tornister an. Die Uniform war ebenso dreckig wie die Seinige. Der Junge war etwas kleiner und dünner als er.

"Hände hoch!" schrie nochmals Jacques, der sein Gewehr bedrohend schwang.

Der andere sagte: "Bitte, schieße nicht!" aber Jacques verstand nicht, was der junge Mann sagte, weil er deutsch sprach. "Ich bin unbewaffnet..." sprach der junge Mann fort.

Jacques nahm dann wahr, daß diese Worte als Bitte klangen, jedoch mit ruhigem, resigniertem Ton. "Ergibst du dich?" fragte Jacques, jetzt ohne zu schreien, aber immer mit gerichtetem Gewehr.

"Dein Gewehr hat den Hahn unten, er kann nicht schießen, so..." sagte der junge Deutsche, der jetzt mit vorsichtigem aber weniger erschrockenem Aussehen ein Lächeln andeutete.

"Hände hoch!" wiederholte nochmals Jacques, mit Gewehrschwung. Jedoch dachte er, daß er nie den Mut gehabt hätte, jenen jüngeren und so schönen Burschen umzubringen, zumal jetzt, daß sie sich einander in die Augen blickten. War er denn dieser der Feind? Aber warum war er ein Feind? fragte sich Jacques verwirrt.

Sie blieben beide eine Weile einander gegenüber stehen und blickten sich einander in die Augen.

"Geh weg, Junge, geh weg. Ich will dir nicht weh tun..." sagte Jacques, der den Gewehrlauf kaum erniedrigte.

Der Preuße verstand die Worte des Franzosen nicht, aber er begriff dessen nicht mehr kampflustigen Ton.

Dann wandte er ihm ein schüchternes Lächeln zu und fragte ihn: "Wirst du mich nicht töten, nicht?".

"Ich v erstehe dich nicht, Junge. Aber geh weg, bitte".

"Wer weiß, was du mir zu sagen suchst, Franzose".

"Ich will nicht dein Feind sein. Hätten wir diese verdammten Uniformen nicht an, könnten wir auch Freunde zueinander sein..." sagte Jacques, der den Gewehrlauf noch niedriger machte.

"Deine Stimme klingt nicht mehr so böse jetzt" sagte der Junge mit noch ungewissem Lächeln.

"Warum gehst du nicht weg? Was versuchst du, mir zu sagen?" fragte jetzt zart Jacques.

"Deine Augen sehen gut aus. Deine Augen sind höflich. Und wärst du der verhaßte Feind? Du bist der erste, auf den ich unter vier Augen stoße, weißt du?".

"Warum bist du so schön, du? Weshalb bist du... hier?" sagte Jacques traurig. nachdem er jetzt sein Gewehr ganz nieder gemacht hatte.

"Gut, wollen wir uns einander die Hand reichen, Franzose" sagte der blonde Deutsche, seine Hand dem anderen ausstreckend und ein freundliches Lächeln kam auf seinen Lippen auf.

Jacques schaute die ausgestreckte Hand, das einladende Lächeln des anderen, nochmals seine Hand, dann sagte: "Du möchtest mit mir Frieden machen... aber ist es wirklich möglich? Wären wir nur du und ich daran beteiligt, vielleicht wäre es ja wirklich möglich. Aber es gibt auch die anderen, jene mit mir und jene mit dir, die im Gegenteil überzeugt sind, Feind gegeneinander zu sein und daher sich einander umbringen und weiter umbringen. Was können wir machen, du und ich?" fragte traurig Jacques, der sich in jenen hellen, klaren Augen verloren fühlte.

"Willst du mir die Hand nicht reichen? Vertrauest du meiner nicht? Dieser Kleider wegen?" fragte der Preuße mit zartem Gram, mit Deutung auf seine Uniform.

Jacques sah das Zeichen des jungen Deutschen gegen seine Uniform, aber verstand es nicht.

Dann schien der preußische Junge, sich zu erleuchten und sprach diese Worte deutlich aus: "Pax Domini sit semper vobiscum".

Jacques runzelte die Augenbrauen: trotz des starken deutschen Akzents, hatte er die lateinischen Worte der Messe anerkannt und antwortete fast instinktiv: "Et cum spiritu tuo".

Dann lächelte der junge Deutsche und wiederholte mit Handausstrecken: "Pax".

"Pax..." wiederholte Jacques, ohne noch jene Hand zu drucken, "pax hominibus bonæ voluntatis".

"Ja, bonæ voluntatis!" antwortete der blonde Junge, der ihn nochmals anlächelte.

"Bitte, lächele mich nicht so an..." ächzte fast Jacques.

"Ich und du, bonæ voluntatis. Ich und du, pax..." wiederholte der Junge mit Üb erzeugung, dann fügte er hinzu: "Mir fallen andere Worte der Messe nicht ein, um mit dir in Verbindung zu stehen, aber ich möchte wirklich gerne, daß wir nicht Feinde zueinander seien".

Jacques blickte ihn lange, dann legte er aufmerksam das Gewehr ab und bewegte einen Schritt zum blonden Preußen. Dieser erwartete ihn zuversichtlich. Jaques hielt ihm gegenüber an, breitete seine Arme aus, um ihm seine leeren Hände zu zeigen und sagte: "Ich will keinen Krieg gegen dich machen. Aber was können wir du und ich? Du bist unbewaffnet. Vielleicht bist du auch vom Krieg geflohen...

Bist du auch ein Fahnenflüchtling wie ich? Bist du auch ein Deserteur? In diesem Falle sind alle deine Feinde für dich... abgesehen von mir? Wenn wir uns einander verstehen könnten... wenn wir nicht gezwungen wären, diese Uniformen anzuziehen... wenn wir fern vom Krieg leben dürften, der unsere Völker spaltet..."

Der preußische Junge verstand gar kein Wort, aber hörte den Ton der Bitte des anderen, den leisen und fast traurigen Ton des Franzosen, sein Zeichen des Verzichtes darauf, das Gewehr zu richten. Sie blickten sich einander in die Augen.

Dann wies der blonde Preuße auf sich an und sagte: "Ich heiße Kurt Steiner. Ich bin Kurt, Kurt, verstehst du?".

"Kurt?" fragte Jacques, auf ihn weisend.

"Ja, Kurt" antwortete lächelnd der Preuße, dann fragte er, auf den Franzosen anweisend: "Und du?".

"Ich heiße Jacques. Jacques Marandin. Ich bin Jacques. Ich Jacques und du Kurt" antwortete der Franzose, der auf sich wies und dann den andere.

"Ja, du Jacques, ich Kurt!" antwortete der lächelnde preußische Junge. Dann schlug er leicht mit der Hand auf seine Brust und dann die Brust des Franzosen und wiederholte: "Kurt und Jacques". Dann reichte er ihm nochmals die Hand.

Diesmal nahm der Franzose die Hand des jungen Preußen in seine Hände und sagte leise: "Ave, Kurt".

"Ave, Jacques..." antwortete lächelnd der andere.

Am Kontakt mit der Hand des jungen Deutschen empfand Jacques einen Glückschauder und ihre lächelnden Augen erblickten sich lange einander.

Dann ließ Jacques die Hand des anderen und fragte ihn: "Du hast nichts mit, nicht einmal Eßwaren. Bist du hungrig?"

"Ich verstehe nicht...".

"Willst du mit mir essen?".

"Was sagst du?".

"Warte..." sagte ihm Jacques, mit einem Handzeichen, dann überlegte er eine Weile und wies auf den Tornister auf seiner Schulter: "Panem nostrum quotidianum..."

"Panem nostrum quotidianum?" wiederholte der andere, dann nickte er lächelnd und mit dem Zeichen zum Essen wiederholte er: "Ja, panem nostrum!".

Jacques ließ seinen Tornister von seinen Schultern auf die Erde rutschen und saß auf den Boden und schlug mit dem Handteller neben sich, um den anderen verstehen zu lassen, er möchte ebenfalls sitzen. Kurt saß neben ihm. Jacques machte den Tornister auf, zog etwas Speise aus und teilte sie mit dem preußischen Jungen.

"Nimm, iß", sagte er ihm, ihm das Essen reichend.

"Danke" antwortete Kurt, das Esse nehmend.

Beide begannen, zu kauen sich einander in die Augen erblickend und sich einander anlächelnd.

Jacques wies ihm was sie aßen und sagte: "Speise".

"Speise?" wiederholte der andere, ihm darauf weisend, was er in der Hand hielt.

"Ja, Speise".

"Speise".

Dann wies Jacques auf seinen Mund und machte das Zeichen, zu kauen: "Essen".

"Essen?" fragte der Junge und machte seinerseits das Zeichen, zu kauen.

"Ja, essen" nickte nochmals Jacques, ihn anlächelnd.

"Kurt essen Speise".

"Ja, Kurt ißt die Speise".

"Ja, Kurt ißt die Speise und Jacques ißt die Speise. Und Kurt... gratias agimus tibi Jacques. Verstehst du?".

"Gratias? Danke!".

"Gratias Danke?".

"Ja, Danke...." wiederholte Jacques, der das Zeichen des Gebens und des Erhaltens vortrug und dann wiederholte: "Danke!".

Kurt nickte und sagte: "Jacques pax und Kurt Danke".

"Pax ist Friede..." sagte Jacques. der das Zeichen des Händedruckens vortrug und wiederholte: "Friede!", dann druckte er Kurts Hand und wiederholte lächelnd: "Friede".

"Ja, Friede. Kurt und Jacques Friede".

Sie setzten fort, was zu essen und etwas Wasser zu trinken, während Jacques versuchte, Kurt einige Worte auf Französisch zu unterrichten und dieser Jacques einige deutsche Worte.

Die beiden Jungen sahen so aus, den Krieg, die Welt und alles mit vergessen zu haben. Jeder der beiden war in seinem Herzen dem anderen dankbar dafür, ihm neben zu sein, ihn anzulächeln. Sie saßen dort im Wald nebeneinander, solidarisch.

Plötzlich sagte ihm Jacques, den jungen Deutschen erblickend und sicher, daß er ihn nicht verstehen würde: "Siehst du, Kurt, du bist so schön... du gefällst mir sehr und es wäre mir angenehm, mit dir Liebe zu machen. Aber höchstwahrscheinlich wirst du auch deine Freundin in deinem Dorf haben, die auf dich wartet. Daher kann ich nichts machen. Ich kann dich nur schauen, bewundern, begehren... Ich kann nur davon träumen, daß du nicht nur den Frieden mit mir machst, sondern auch mich lieben willst. Aber früher oder später wird mich das Leben von dir auch trennen... Manchmal, denke ich, wäre der Tod die beste Lösung meines Problems...".

Kurt hörte ihn ruhig zu, dann sagte er in leisem, zartem Ton: "Ich wurde unterrichtet, du seiest der Feind. Man nahm mich von meinem Dorf, von meinen Feldern ab, um her zu kommen und dich umzubringen. Aber ich habe satt davon, Leute umzubringen. Als ich meinen Kameraden Heinrich sah, daß er sein Bajonett in die Brust eines verletzten französischen Soldaten stieß, der mit den Augen flehte, nicht umgebracht zu werden, dann floh ich weg. Er war so jung wie du und ich, und in jenem Zeitpunkt schien es mir, daß dort mein Bruder war, nicht jener Franzose... Er sah gar nicht wie er aus, aber seine Augen waren so wie meines Bruders, als wir den Kampf spielten und ich ihm unwillkürlich weh tat, dann schaute er mich an und mir mit den Augen sagte, daß er keine Kampflust mehr hatte. Dann ließ ich ihn los und er lächelte mich dankbar an und..." hier unterbrach sich Kurt, der durch seine Erinnerungen erschüttert war.

Jacques hörte ich zu, ohne ein Wort zu verstehen. Aber er hatte den klaren Eindruck daß der junge Deutsche ihm sein Herz eröffnen wollte.

"Ich habe es immer mit Vergnügen begehrt, von einem Mann geliebt zu werden, Kurt. Man sagte, es sei falsch. Aber im Gegenteil sagt man, es sei richtig, gegen uns einander den Krieg zu machen, uns einander umzubringen. Wer weiß, warum die ganze Welt verkehrt geht!? Auch der Pfarrer hat unsere Waffen im Dorf gesegnet, der gleiche Pfarrer, der mich sicher nicht gesegnet hätte, hätte ich ihm nur von meiner Liebe zu den Männern gesagt. Vielleicht verachtest du auch, Kurt, die Leute wie mich... wer weiß es? Du bist der erste, dem ich diese Worte sagen kann, vielleicht ausgerechnet weil du sie nicht verstehst... Es tut mir sowieso wohl, sie laut zu sagen, davon zu sprechen...".

"Könnte jeder Soldat seinen Feind so gut kennen, wie ich dich jetzt kenne, und mit ihm das Brot teilen, wie du es mit mir geteilt hast, glaube ich, daß jeder Krieg unmöglich wäre, oder? Im Grunde gesagt, sind wir nicht alle Brüder zueinander? Beten wir nicht alle den gleichen Gott, den wir Vater nennen? Essen wir nicht alle auf die gleiche Weise, wie jetzt du und ich? Wir sprechen verschiedene Sprachen, ziehen verschiedene Uniformen an, aber haben wir nicht alle zwei Beine und zwei Arme, einen Mund und zwei Augen, ein Herz und ein Gehirn? Wir sind von unseren Ländern, von unseren Häusern, von unseren Leben abgeraubt worden, um uns den Hass zu lehren! Um uns einander zu zerstören. Deshalb habe ich beschlossen, zu desertieren! Und jetzt fühle ich mich noch männlicher wie vorher. Und ich freue mich sehr darauf, dich, Jacques, kennengelernt zu haben!".

CONTINUES IN KAPITEL 6


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